OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Bei der Berlinale gab es bereits „Appetithäppchen“ in Form von drei seiner Werke zu sehen, jetzt präsentiert das Arsenal-Kino bis Ende März eine Retrospektive mit insgesamt zwölf Filmen des japanischen Regisseurs Hiroshi Shimizu (1903–1966). Rund 160 Filme soll der gegenüber berühmteren Kollegen wie Mizoguchi und Ozu ein bisschen in Vergessenheit geratene Shimizu in seiner Karriere geschaffen und dabei in nahezu allen Genres gearbeitet haben. So mag es vermessen sein, wenn man versucht, zu verallgemeinern. Doch klar scheint zumindest, dass Shimizu gern mit Kindern arbeitete, dass er sehr gern an realen Außenschauplätzen filmte und dass viele seiner wichtigsten Werke von Bewegung und vom Reisen handeln. All dies trifft auch auf „Hachu no su no kodomotachi“ (Children of the Beehive) zu, einen Film, den Shimizu 1948 im zerstörten Nachkriegsjapan mit Laiendarstellern und einer Gruppe Waisenkinder drehte. Im Mittelpunkt steht ein aus dem Krieg heimgekehrter Soldat, der gemeinsam mit acht Waisenjungen auf den Landstraßen und meist zu Fuß von Shimonoseki nach Osaka reist. Dabei wird deutlich, dass es Shimizu in seinen Filmen wohl weniger um stringentes Geschichtenerzählen geht, als vielmehr um die vielen kleinen – traurigen, komischen oder dramatischen – Ereignisse, die das Alltagsleben nun einmal ausmachen. Vollkommen unsentimental berichtet Shimizu in „Hachu no su no kodomotachi“ von den Versuchen verschiedener Personen, sich irgendwie durchzuschlagen, und von den Bemühungen des Soldaten, seinen „streetsmarten“ Schützlingen auch inmitten des Chaos etwas Erziehung, Bildung und Verantwortungsbewusstsein zu vermitteln.
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Ein Technicolor-Traum in Rot und Blau: „Der Dieb von Bagdad“ (1940) ist das schönste aller filmischen Orientmärchen. Gleich drei Regisseure – nach Ansicht des Produzenten Alexander Korda interessierte sich der ursprünglich engagierte Ludwig Berger zu sehr für Schauspieler und zu wenig für Spektakel, sodass auch noch Michael Powell und Tim Whelan verpflichtet wurden – inszenierten den trick- und actionreichen Abenteuerfilm um einen gewitzten Dieb (Sabu) und einen schurkischen Großwesir (Conrad Veidt). Zu den Hauptdarstellern des Films zählen zweifelsohne auch die Bauten – der Legende nach sagte Alex Korda zu seinem Bruder Vincent, dem Filmarchitekten: „Bau es viermal so groß und streich alles rot.“
Ein letztes Mal noch konnte Buster Keaton bei den Dreharbeiten zu „Der Kameramann“ (Regie: Edward Sedgwick) die Kontrolle über die Produktion ausüben – anschließend verheizte man ihn bei MGM in albernen Burlesken, weil man für seine Art der Komik keine Sensibilität besaß. So geriet „Der Kameramann“, in dem sich Buster aus Liebe als nicht eben vom Glück verfolgter Wochenschaukameramann versucht, zu einem letzten Glanzpunkt seiner wechselvollen Karriere. Keatons Gespür für Rhythmus und Fluss der Szenen ist brillant – ohne jeden Zweifel war er das große Genie der Stummfilmkomik.LARS PENNING