OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
„Garbo lacht“, lautete dereinst eine Werbung für Ernst Lubitschs Komödie „Ninotschka“ (1939), die irgendwie ja schon aufzeigt, dass mit diesem Film etwas nicht ganz stimmen kann: Da bekommt Greta „Lebende Statue“ Garbo plötzlich einen Job als Vollblutkomödiantin in einer Rolle, in der sie als zackige Sowjetkommissarin die dekadente westliche Lebensfreude in Form von Champagner und Melvyn Douglas kennenlernt, und findet sich inmitten abgestandener Antikommunistenwitze wieder, die unter anderem Billy Wilder als Drehbuchautor verbrochen hat. Sollen wir das gut finden? Na ja, vielleicht bedingt doch, denn schließlich hat Lubitsch nie einen wirklich schlechten Film gemacht: Die elegante Inszenierung und der berühmte Lubitsch-Touch (eine indirekte Erzählweise, die das Publikum zu Mitverschworenen macht) sind auch in „Ninotschka“ spürbar. Der bessere Lubitsch-Film ist jedoch zweifellos „To Be Or Not To Be“ (1942), eine frenetische Anti-Nazi-Farce um eine polnische Theatertruppe, die sich in Widerstandsaktivitäten verwickelt sieht. Hier wird faschistischem Wahn bitterer Sarkasmus entgegengesetzt, und die Größenverhältnisse rückt der Film auch zurecht: Als der Theaterregisseur seinen Führerdarsteller kritisiert, er sähe lediglich aus wie ein Mann mit einem kleinen Bart, antwortet dieser: „Das ist Hitler doch auch nur.“ (12.–14. 7. Lichtblick)
Zeitreisen haben im Kino seit je eine besondere Faszination. Auch der Protagonist in Sam Gabarskis „Vertraute Fremde“ findet sich in einer anderen Zeit wieder, die er jedoch gut kennt: Der Comiczeichner Thomas taucht nach einer Ohnmacht erneut in seine Jugend ein – allerdings mit seinem heutigen Bewusstsein: Man schreibt das Jahr 1967, Thomas ist 14, und das dramatischste Ereignis seiner Jugend steht kurz bevor. Denn damals hatte sein Vater die Familie ohne ein Wort der Erklärung verlassen. Spektakulär werden sich Thomas’ Bemühungen, diesen Schritt des Vaters zu verhindern, zwar nicht gestalten. Trotzdem ist das Zusammentreffen des „modernen“ Thomas mit jenen Menschen seiner Umgebung interessant, die – zeitbedingt – über Gefühle nicht sprechen mögen und denen eher die Pflicht denn die Selbstverwirklichung in den Sinn kommt. (8.–14. 7. Cosima, Kant, Hackesche Höfe)
Buster Keatons Karriere war reich an Höhen, aber auch an absoluten Tiefpunkten. Letztere ergaben sich vor allem aus der Tatsache, dass MGM Keatons Vertrag Ende der 1920er Jahre aufkaufte und in der Folge keinerlei Gespür für die Fähigkeiten des brillanten Regisseurs und Komikers zeigte. Bei den Dreharbeiten zu „Der Kameramann“ (1928) konnte Keaton zum letzten Mal die Kontrolle über die Produktion ausüben – anschließend verheizte man ihn in albernen Burlesken. So geriet „Der Kameramann“, in dem sich Buster aus Liebe als nicht eben vom Glück verfolgter Wochenschaukameramann versucht, zu einem letzten Glanzpunkt, in dem er seine unnachahmliche Fähigkeit zeigt, sämtliche ihm widerfahrenden Missgeschicke in Blitzesschnelle zu seinen Gunsten zu wenden. (8. 7. Lichtblick) LARS PENNING