OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Jormar Henriksen (Anders Baasmo Christiansen) hat Liebeskummer, und zwar nicht nur ein bisschen. Denn der Ex-Skirennfahrer hat nach dem Abgang seiner Freundin Depressionen bekommen, die ihn in psychiatrische Behandlung, zum Konsum großer Mengen Alkohol und zu einem bescheuerten Job als Skiliftwärter geführt haben. Als er erfährt, dass die Ex mit seinem vierjährigen Sohn, von dem er bislang noch gar nichts wusste, irgendwo hoch im Norden wohnt, und ihm dann auch noch die Lifthütte abbrennt, sieht Jomar dies als Zeichen, seine verschiedenen Ängste endlich zu bewältigen, und macht sich auf den beschwerlichen Weg. Den schildert Regisseur Denstad Langlo in seinem norwegischen Schneemobil-Road-Movie „Nord“ ebenso wie die Begegenungen seines trinkfesten Helden mit einem einsamen Teenager, einem homophoben Schwulen und einem lebensmüden Samen außerordentlich lakonisch und mit sehr hintergründigem Witz. Der Eigentherapieversuch des blonden Hünen bleibt stets sympathisch, und glücklicherweise drängen ihm seine Gastgeber auch keine tollen Weisheiten auf, sondern lediglich eine Rabattkarte für den Supermarkt. Der Weg ist das Ziel. (9. 8., Freundschaftsinsel Potsdam)
Spielt auch in Skandinavien, kommt aber definitiv völlig ohne Alkoholiker, Schneeblindheit und Selbstmörder aus: In den 1960er Jahren verfilmte der schwedische Regisseur Olle Hellbom Astrid Lindgrens „Ferien auf Saltkrokan“-Geschichten um die Abenteuer einer Familie aus der Stadt, die Urlaub auf einer kleinen Schäreninsel macht, in einer sehr unaufgeregten und kindgerechten Weise. In „Der verwunschene Prinz“ dreht sich alles um die große Tierliebe des kleinen Stadtjungen Pelle, die manchmal so ihre Probleme mit sich bringt, und um die Suche der Schärenmädchen nach einem Prinzen für Pelles ältere Schwester Malin. Da wird von Tjorven und Stina dann auch schon mal der obligatorische Frosch geküsst. (5.–8. 8., Bali)
Wenn Alfred Hitchcock in seinen Filmen Beziehungen schildert, dann geht es meist um Menschen, die sich eigentlich kaum kennen. Denn das erzeugt natürlich Spannung: In „Suspicion“ (Verdacht, 1941) ist Lina (Joan Fontaine), die etwas altjüngferliche wirkende Tochter eines wohlsituierten Generals, im Handumdrehen mit dem charmanten Schwindler Johnny Aysgarth (Cary Grant) verheiratet, kaum dass er ihr im Zug das Geld für eine Fahrkarte abgeschwatzt hat. Doch bald schon muss sie angesichts seiner vielen Lügen und Heimlichkeiten vermuten, er wolle sie aus dem Weg räumen, um ihre Lebensversicherung zu kassieren. Hitchcock lässt den Zuschauer dabei über Johnnys persönliche Integrität komplett im Unklaren, abwechselnd inszeniert der Regisseur Szenen, in denen Verdacht erweckt und wieder entkräftet wird: „Suspicion“ ist ein einziges Wechselbad der Gefühle. Das reicht bis zum Finale, jener berühmten Szene, in der Johnny mit einem von innen beleuchteten und vielleicht vergifteten Glas Milch bedeutungsschwer die Treppe zu Linas Zimmer hinaufsteigt … (10. 8., Lichtblick-Kino) LARS PENNING