OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Die Worte, die sich der junge Mann auf die Stirn tätowiert hat, sind unmissverständlich: „Fuck Off“. Irgendwann hat Bogu einfach die Schnauze voll von allem und zertrümmert mit der Eisenstange ein paar Autos. Doch seine Rebellion gegen Bürgerlichkeit und Bequemlichkeit bleibt in den Anfängen stecken: Mitstreiter findet Bogu trotz ständiger Aufforderungen keine, dafür hat er nun ein paar lokale Gangster am Hals, denen er das zerstörte Auto ersetzen soll. Und bald schon ringen verschiedene Kräfte um seine Seele: Der katholische Priester, bei dem er einst als Messdiener tätig war, preist Gott, der alkoholkranke Exlehrer den stalinistischen Dichter Wladyslaw Broniewski als Antwort auf alle Fragen. Was nun? Regisseur Przemyslaw Wojcieszek hat mit „Made in Poland“ sein eigenes hochgelobtes Theaterstück für das Kino adaptiert und in wilden schwarzweißen Bildern eine groteske Punkparabel auf die Orientierungssuche junger Polen geschaffen. Zu sehen im Rahmen von Film Polska. (OmU, 14. 4. FSK, 15. + 19. 4. Hackesche Höfe, 16. 4. Neues Kant)
Die Zeichnerin und Autorin Posy Simmonds ist als Cartoonistin des Guardians bekannt, wo sie ihre Graphic Novel „Tamara Drewe“ in 109 Episoden vorstellte, ehe die Geschichte 2007 in Buchform erschien. Als „Immer Drama um Tamara“ hat Stephen Frears die mit hintergründigem Witz ausgestattete Story um die Vorgänge in einem „Schriftsteller-Refugium“ auf dem Lande verfilmt, das ein populärer Krimiautor gemeinsam mit seiner übertüchtigen Gattin betreibt. Da geht es um die Überheblichkeit und den Ehebruch des Erfolgsautors, die Eifersucht und das Selbstmitleid von (ihrer eigenen Ansicht nach) verhinderten Literaturgrößen sowie um Naturburschen, Popstars, eine furchtbar gelangweilte Dorfjugend und eine Kuhstampede. Und natürlich um die sexuellen Begehrlichkeiten, die die ehemals unscheinbare Titelfigur auslöst, als sie – nach einer erfolgreichen Nasen-OP – als schöne und erfolgreiche junge Frau wieder in ihr Heimatdorf zurückkehrt. Die Dialoge sind witzig, die Schauspieler verkörpern ihre Figuren mit Verve, der Humor fällt trocken und sarkastisch aus, im größten Drama lauert bei Frears immer auch das Absurde. Dabei geht es ihm nie darum, seine Protagonisten nur einfach lächerlich zu machen – sie bleiben mit all ihren Schwächen immer menschlich und damit auch sympathisch. (14. 4.–20. 4. Filmrauschpalast)
Nach wie vor erfreut sich die Naturdokumentation auch im Kino großer Beliebtheit. Doch wie sich unterscheiden von den allgegenwärtigen TV-Reihen? Die meisten Kinofilme setzen auf die Überwältigung des Zuschauers in Bild und Ton. Nicht so die Dokumentation „Serengeti“: Reinhard Radkes Bilder von den Trecks der Gnus, Zebras und Antilopen durch die tansanische Steppe sind spektakulär, ohne zu überwältigen, auch gibt es keine pompöse Musik oder wohlfeile Rettet-die-Welt-Parolen. Stattdessen: Attraktive Naturaufnahmen und ein informativer Kommentar, gesprochen von Hardy Krüger jr. (14. 4.–20. 4. Kulturbrauerei, 16. 4.–17. 4. Eva, 16. 4., 20. 4. Casablanca) LARS PENNING