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Archiv-Artikel

Notwendige Rückenstärkung KOMMENTAR VON CHRISTIAN SEMLER

Diesmal hat es die Richtigen getroffen – und das zur rechten Zeit. Der Friedensnobelpreis für die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) und ihren Chef Mohammed al-Baradei ehrt eine UNO-Behörde, die moralische Rückenstärkung bitter nötig hat.

Al-Baradei sieht sich gegenwärtig in die Zange genommen. Einerseits denken die Atommächte nicht daran, ihren im Atomwaffensperrvertrag eingegangenen Verpflichtungen zur schrittweisen atomaren Abrüstung nachzukommen. Die USA haben sogar jüngst erneut das Recht zum präventiven atomaren Erstschlag für sich reklamiert. Andererseits behaupten einige der „Schurkenstaaten“, gerade wegen der Drohungen der US-Amerikaner auf die eigene Bombe angewiesen zu sein.

Der Sperrvertrag ist bereits mehrfach durchlöchert. Potenzielle neue Atommächte werden kaum noch von der Atombombe abzubringen sein. Zuverlässige Sicherheitsgarantien gegenüber militärischen Angriffen wären immerhin ein Mittel, die reale oder behauptete Furcht der Atommacht-Kandidaten zu dämpfen. Die USA – und in ihrem Schlepptau auch die EU – verfolgen die genau entgegengesetzte Politik: die Drohpolitik. Nordkorea und jetzt der Iran bilden die Lehrbeispiele.

Al-Baradeis Vorschläge zur Reorganisation der IAEO, für die er jetzt ausgezeichnet wurde, weisen einen denkbaren, praktikablen Weg. Sie beinhalten ein verschärftes Kontrollsystem, fordern die Bildung von atomwaffenfreien Zonen sowie energische Schritte atomarer Abrüstung. Und sie schlagen regionale, unter der Kontrolle der IAEO stehende Zentren für die Umwandlung und Anreicherung von Uran vor.

Letzteres Projekt führt zu einer grundlegenden Problematik. Die IAEO sollte ursprünglich eine Behörde zur Förderung der friedlichen Nutzung von Atomenergie sein. Indes stellte es sich bald heraus, dass, sobald erst Atomkraftwerke installiert waren, der Schritt zur militärischen Nutzung sich als ebenso leicht wie verführerisch erwies. Wirkliche Sicherheit wäre nur erreichbar, wenn auf AKWs im Ganzen verzichtet würde. Denn sie stellen das unbeherrschbare Basis-Sicherheitsrisiko dar. Hier liegt die Erkenntnisschranke al-Baradeis und seiner verdienstvollen Behörde.