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■ NormalzeitSich selbst reflektierende Beleuchtung

Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. In diesem Fall („Narva“ genannt) ist es ein situationistischer Umschüler und Rechercheur namens Hoffmann. Er versuchte zuerst Greenpeace die vom Weddinger Erfinder Dieter Binninger 1985 patentierte unsterbliche Glühbirne ökologisch und imagemäßig schmackhaft zu machen. Das gelang ihm auch aufs Schönste – sogar zu schön, denn er lieferte den Schlauchboot-Campaignern dabei gleich noch beste Stromkostengründe, die „Langlebensdauer“-Birne als der Energiesparlampe unterlegen einzuschätzen. Eine Argumentation, die zwar bei den Projektpapier-Auftraggebern ganz auf ihrer Öko-Erwartungslinie lag, die es aber gerade zu verlassen gegolten hätte.

Ich bekam unlängst von Greenpeace freundlicherweise eine Zeitschrift namens Baikal- Watch zugeschickt, in der sich engagierte junge Amerikaner praktische Umweltgedanken über den sibirischen Baikal-See machen. Umgekehrt schien mir eine russische oder auch deutsche Zeitung zum Beispiel namens Erie-Watch unvorstellbar (allein wegen der Flugkosten würde man sich hierzulande eher für intakte Wannseeufer entscheiden – und zum Beispiel die Röhricht-Schutzgesetze gehörig verschärfen). Ich will damit sagen: Dieser sportive und multimediale Öko-Imperialismus, der ja auch hier schon derart durch ist, daß sich bei einer taz-Umfrage eine junge WOS (Woman on the Street) ehrenamtliche Tätigkeiten gar nicht mehr anders als in Form von Greenpeace-Action-Einsätzen vorstellen kann („Abenteuer muß dabei sein!“) – hat Folgen: Neben einer Turbo-Profanisierung des uns quasi heiligen Gedankens einer sozialen Bewegung, die auch mit ihrer direkten Umwelt vernünftiger umgeht, macht sich eine Hyper-Griefahnisierung breit. Damit ist eine Unterordnung aller Verknüpfungen und Aktivitäten unter die PR- Doktrin gemeint. Gerade die nicht-stromsparende Binninger Birne mit über 40jähriger Brenndauer (!), in den gängigen Wattstärken, wäre da gegenstrebig ein Renner gewesen – zum Beispiel auch im verlorenen Greenpeace- Shop in der Kantstraße.

Hoffmann gewann schließlich einen Fernsehsender für einen Beitrag über die unsterbliche Glühbirne, der das internationale Elektrokartell in Pully bei Lausanne ins Zentrum der Bild- Überlegungen stellt. Hierbei geht es dann noch einmal um die Hintergründe der Morde an Rohwedder und Hanno Klein, sowie um die ungeklärten tödlichen Unfälle des Glühbirnen-Erfinders und Narva-Investors Binninger sowie des brasilianischen Kartellkritikers und Narva-Beraters Mirow. Das ist guter alter Antiimperialismus.

Zwar teilte mir 1991 das Sekretariat des internationalen Elektrokartells mit, die Organisation habe sich 1989 aufgelöst; aber nicht nur Mirow bezweifelte das, einige Monate bevor er 1992 von einem Auto in Leipzig überfahren wurde. 1996 sind etliche AEG-Betriebsräte davon überzeugt, daß die noch anhaltende Reduzierung der europäischen Elektrokonzerne durch Übernahmen bei gleichzeitigen Betriebsschließungen einer aktuellen Kartellvereinbarung entspricht. Konkret sei der Verkauf von AEG-Teilen an Alcatel im übrigen im Lausanner Kartelltagungs-Hotel „Beau Rivage“ unterschrieben worden. Und als zum Beispiel Samsung jüngst den Greenpeace-Öko-Kühlschrankhersteller Foron zu kaufen beabsichtigte, schrieb ihnen Siemens, sie würden diese Übernahme als unfreundlichen Akt ansehen – Samsung zog daraufhin seine Offerte sofort zurück. Ein Paranoiker ist jemand, der alle Fakten kennt. 1991 war schon einmal ein Beitrag eines freien Journalisten namens Hanfstengel über die Abwicklung von Narva und die Deutschbank dahinter gescheitert – an einer Intervention des Treuhandsprechers beim Sender. Es wäre aber auch nur viel Kommentar und wenig Bild dabei ausgestrahlt worden, das muß man zugeben. Ein senatsgefördertes Spielfilm-Drehbuch über Binninger/Narva von Andrew Hood verhedderte sich dagegen seit 1992 immer mehr in den Dialogen. Nun also ein erneuter Anlauf – von Hoffmann! Helmut Höge

wird fortgesetzt

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