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Noch härtere Zeiten für AthenErstmal geht es weiter bergab

Mittlerweile hat schon jeder fünfte Grieche keinen Job mehr. Die Task Force der EU will den Mittelstand und Infrastrukturprojekte fördern, Steuerhinterziehung bekämpfen.

Sieht sich nicht als Aufbaukommissar: Horst Reichenbach, Chef der EU Task Force. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Griechenland muss noch mehr sparen, um auf Erholungskurs zu kommen. Dies geht aus dem jüngsten Bericht der internationalen Troika hervor. Gleich nach den Wahlen im April müsse die Regierung neue Kürzungen in Höhe von 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf den Weg bringen, fordern die Troika-Experten. Selbst mit diesem Sparprogramm sei die Rettung des Landes vor der drohenden Pleite nicht sicher.

Das Risiko eines Scheiterns sei weiter „sehr hoch“, warnen die Experten aus der EU, dem Internationalen Währungsfonds IWF und der Europäischen Zentralbank. Griechenland müsse alle Vorgaben aus dem zweiten Rettungspaket umsetzen, um eine neue Krise zu verhindern. Am Mittwoch hatte die Eurogruppe ihren zweiten Hilfsplan in Höhe von 130 Milliarden Euro freigegeben. Der IWF bewilligte am Donnerstag dann einen 28 Milliarden Euro Kredit.

Wie schwierig die Lage ist, machen die neuen Arbeitsmarktzahlen deutlich. Mittlerweile ist schon jeder fünfte Grieche ohne Job, wie das Statistikamt Elstat am Donnerstag mitteilte. Mit 20,7 Prozent wurde die höchste Arbeitslosenquote verzeichnet, die es je in einem Quartal gegeben hat. Im Jahr zuvor lag die Quote noch bei 14,2 Prozent. Experten fürchten, dass noch mehr Griechen ihre Jobs verlieren.

Wachstum erst wieder 2013

In diesem Jahr werde es wohl weiter bergab gehen, sagte Finanzminister Evangelos Venizelos. Erst 2013 rechne er wieder mit Wirtschaftswachstum und mehr Jobs. Ein düsteres Bild malte auch der Chef der EU Task Force, der Deutsche Horst Reichenbach. Zwar sei in den ersten sechs Monaten seiner Arbeit in Athen viel erreicht worden. Die wirtschaftliche Lage sei jedoch immer noch schlecht, kleine und mittlere Unternehmen kämen kaum an Geld.

Schnelle Besserung wollte Reichenbach nicht versprechen. Der zweite Hilfsplan bedeute einen „neuen Start auf einer wesentlich solideren Basis“, sagte er. Allerdings liege die Verantwortung für den Erfolg bei Griechenland. Die 45-köpfige Task Force könne nur technische Hilfe leisten und die griechische Regierung beraten. Als Aufbaukommissar sehe er sich nicht. Einen solchen hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gefordert.

Im April will die EU-Kommission Vorschläge zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung vorlegen, kündigte Reichenbach an. Der Schwerpunkt soll bei der Förderung des Mittelstands und bei Infrastrukturprojekten liegen. Aus den bestehenden EU-Fonds könnten dafür bis zu 8 Milliarden Euro bereitgestellt werden, so Reichenbach. Allerdings seien die Fonds bereits „ausgebucht“.

Griechenland habe bereits Fortschritte beim Eintreiben von Steuern gemacht, so Reichenbach weiter. Von den als eintreibbar angesehenen ungezahlten Steuern in Höhe von rund 8 Milliarden Euro hätten die griechischen Behörden im vergangenen Jahr 946 Millionen Euro eingenommen. Damit sei das gesetzte Ziel von 400 Millionen Euro deutlich übertroffen worden. Als Nächstes werde man die Steuerhinterziehung bekämpfen, kündigte Reichenbach an.

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6 Kommentare

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  • M
    magdalena

    @Tobias

     

    2011

    BSP Bulgariens 7.243 USDollar

    BSP Griechenlands 27.624 USDollar

    Jeder Vergleich macht keinen Sinn und die Zahlen zeigen wer produktiver ist.

     

    Hoeren Sie auf mit ihren Besserwisserei. Die deutschen konservativen Medien sagen die halbe Wahrheit und die halbe Wahrheit ist die groesste Luege.

  • L
    loucas

    @Tobias,

     

    Bulgarien wird den Lebenstandard Griechenlands in dreissig Jahren erreichen.

    Vergleiche mal das BSP beide Laender und rede kein Schwachsinn.

  • MK
    Margarita Konstantinidis

    Ist in diesen 946 Mio die sogenannte Imobiliensteuer enthalten?

    Dann ist es überhaupt kein Fortschritt! Die Imobiliensteuer, erstmalig erhoben und über die Stromrechnung aufzutreiben, ist verhaeltnismaessig hoch und in zwei Raten zahlbar. Bezahlen müssen alle, ob arbeitlos bzw. einkommenslos. Menschen musten sich teilweise Geld leihen, um diese Steuer zu bezahlen. Wir selbst kennen einige persönlich.

    Sehen Erfolge bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung so aus?

    Margarita Konstantinidis, z.Z. in GriechenlandB

  • T
    Tobias

    Was viele einfach nicht verstehen wollen ist, dass Wohlstand nicht dadurch entsteht dass der Staat Gelder verteilt, sondern dadurch dass die eigene Volkswirtschaft Produkte erzeugt.

    Es gibt das Perpetuum mobile nicht!

     

    Und wenn eine Volkswirtschaft erheblich mehr ausgibt als sie erwirtschaftet, dann muss man diese Mehrausgaben reduzieren. Denn dauerhaft will kein anderer den Griechen den erschnorrten Wohlstand bezahlen. Ihr etwa?

     

    Wenn Griechenland nicht produktiver ist als sein Nachbarland Bulgarien, dann kann die Bevölkerung auch keinen höheren Lebensstandard erwarten!

    Der Mindestlohn in Bulgarien liegt bei 138 Euro/m und dort jammert auch keiner darüber, dass den "Arbeitern die Luft zum Atmen genommen wird". Bis dahin hat Griechenland noch einen weiten Weg vor sich. Übrigens bezahlen die Bulgaren trotz ihrer niedrigen Löhnen derzeit über die EU dafür, dass die Griechen weit über ihre Verhältnisse leben können! Soll dies gerecht sein?

  • PA
    Peter Adam

    Es wird weiter bergab gehen?

     

    Was soll das denn? All diese "Experten" sollten auf den Mond geschossen werden. Diese Leute provozieren geradezu einen Aufstand der Bevölkerung durch Ihre unsinnigen Austeritätsmaßnahmen. Wie soll Wachstum generiert werden wenn den Arbeitern die Luft zum Atmen genommen wird und selbst Gesunfheit zu einem unbezahlbaren Luxusgut wird? Diese ganzen globalistischen Plünderer gehören hinter Schloss und Riegel. Allen voran solche Leute wie Gauleiter Reichenbach.

  • S
    Steuerzahler

    "Als Nächstes werde man die Steuerhinterziehung bekämpfen, kündigte Reichenbach an."

     

    Schön, dass man da in Griechenland so weit ist.

    Das wäre für Deutschland ebenfalls sehr wünschenswert!

    Aber nein, hier sitzt ja Schäuble da und arbeitet an einer Amnestie für die armen Steuersünder - da sind ja sogar die USA weiter (was ja schon viel heißen will!)