Nicht verpassen! : Ein Auge auf den Ehemann
„Die Mandantin“, 20.15 Uhr, ZDF
Allzu fürsorgliche Ehemänner sind nicht geheuer, seit Alfred Hitchcock seinen Hauptdarsteller Cary Grant in „Suspicion“ („Verdacht“) 1941 mit einem gespenstisch ausgeleuchteten Glas Milch die Treppe zur schwächelnden Joan Fontaine hoch geschickt hat. Der deutsche Schauspieler August Zirner („Tatort: Der Fremdwohner“) trägt ja auch so eine Unschuldsmine zur Schau, der man nicht so recht über den Weg trauen möchte. Dabei ist er doch am Anfang dieses Psychothrillers nur der sensible Sidekick, der sich wirklich vernünftig um seine kranke Ehefrau Ariane (Barbara Rudnik) kümmert. Die Staranwältin hat Multiple Sklerose. Würde sie sich schonen, könnte sie den Verlauf der Krankheit ein wenig bremsen.
Doch dann wird der Juristin ein höchst interessanter Fall angeboten: Eine schöne junge Frau im schwarzen Trenchcoat (Jasmin Gerat in ihrer ersten anspruchsvollen Rolle) möchte, dass Ariane sie verteidigt. Und zwar wegen eines Mordes, den sie erst noch begehen wird! Die Geheimnisvolle füttert die Verteidigerin mit spärlichen Informationen zum auserkorenen Opfer – der Ehefrau ihres älteren Geliebten. Die Beschreibung passt auf Ariane selbst. Treibt sie ihr Leiden, dass sie nicht akzeptieren will, noch in den Wahnsinn?
Regisseur Marcus O. Rosenmüller, der zuvor ein paar patente „Sperling“-Folgen gedreht hat, liefert eine tadellose Genre-Arbeit. Vertrauen und Zweifel liegen hier dicht beisammen und befeuern auf ihre Art das Krimimelodram: In einer Szene sieht man den Mann seine kranke Frau über die Wellen eines sanft aufgewühlten Sees ziehen, das Wasser scheint mit den beiden zu lachen. Später, als der Gatte sich extrem verdächtig verhält, wird das luxuriöse Anwesen der beiden Eheleute zum Gefängnis. Der Plot dieses an Hitchcock und Truffaut geschulten Thrillers (Buch: Silke Zertz) hält ein paar feine Twists parat – die allerdings stets mit der Psychologie der drangsalierten Heldin harmonieren.
August Zirner jedenfalls sollte der Zuschauer stets im Blick behalten: Müssen wir ihn im Verdacht haben, weil wir wissen, dass gute Ehemänner im Thriller immer die Bösen sind? Oder dürfen wir uns in Sicherheit wiegen, weil so viel Zärtlichkeit einfach nicht gespielt sein kann? CHRISTIAN BUSS