Neues Magazin für die Linke: Es soll Frühling werden
Mit dem Magazin "prager frühling" will die Linke Sozialismus mit Blumen verknüpfen. Dafür hebt es Lady Bitch Ray auf das Cover und protokolliert Diskussionen beim "Sex and the City"-Fernsehabend.
Die Partei Die Linke hat es ja nicht leicht: Da hängt man irgendwo zwischen PDS und SPD, die grobe Richtung ist schon klar, aber der genaue Kurs? Ein paar junge Linke um die Vizevorsitzende Katja Kipping wollen den Weg für die Partei jetzt klarmachen und bringen dazu die passende Lektüre heraus: Im Magazin prager frühling (VSA-Verlag) will man die Linke neu begründen.
Frisch und undogmatisch will das "Magazin für Freiheit und Sozialismus", dreimal jährlich herausgegeben vom im Dezember gegründeten Verein "Freundinnen und Freunde des Prager Frühling", linke Themen behandeln und dabei auf allzu bieder-trockenen Theoriediskurs verzichten. "Der Sozialismus", kündigte die Redaktion an, "soll in den Köpfen und Herzen der Menschen wieder mit Frühlingsblumen verknüpft werden." Vorbildlich verhält sich in dieser Hinsicht die Skandalrapperin Lady Bitch Ray: Die fordert auf dem Cover "Revolution, Baby!", ein Gänseblümchen in der Hand. Dass die Lady beim Prager Frühling nicht nur an Blümchen, sondern auch an den Schulmädchenreport denkt, offenbart sie dann ein paar Seiten später.
Thematisch locker und luftig bleibt es auch, wenn Christoph Spehr die legendären Trashfilme von Russ Meyer lobt, wenn Bettina Kay Deutschlands einzige Zeitschrift für Lesben vorstellt und Uwe Schaarschmidt in einer Satire von einer allzu gesunden Lebensführung abrät ("Mögen andere ruhig eine Party verlassen, wenn das Koks alle ist - ich stibitze mir dann die Domestos-Flasche aus dem Badezimmer und mache es mir damit in einer ruhigen Ecke gemütlich.").
Eine wunderbare Idee der Redaktionsmitglieder ist es, ihre Diskussion beim gemeinsamen Fernsehabend mit "Sex and the City" aufzuschreiben. So kann man die Emanzipationsfrage auch mal aufgreifen. Wer es noch nicht ahnte: In der Serie geht es um "ein Plädoyer für einen demokratischen Experimentalismus", nicht um Frauen, die sich durch Manhattan vögeln. Ein bisschen linke Theorie muss halt auch beim Fernsehabend sein.
Ein bisschen mehr Theorie bescheren dann auch so wenig frühlingsfrische Aufsätze wie die "Die neue Bildungsexpansion als Basis für linke Universitätspolitik in der Post-Exzellenz-Ära". Das ist keine leichte Kost und vor allem nicht immer ganz so frei von Parteichinesisch, wie die Redaktion es angekündigt hatte.
"Eine Neon für Linke, das wäre schön", sagte ein Blattkritiker auf der Release-Party des prager frühlings. Das ist das Magazin zum Glück nicht geworden. Es verzichtet weitestgehend darauf, sich als Sprachrohr für ein linkes Kollektiv zu inszenieren und serviert auch keine "so ist man heute links"-Weisheiten. Das ist angenehm und verständlich: Man ist ja selbst noch in der Findungsphase.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!