Neuer alter Biathlon-Kronprinz Rösch: Gereifter Schnarcher
Der einst gefeierte Michael Rösch schafft es von ganz weit unten zurück in den Weltcup. Das erfolgreiche Comback verdankt er dem hartem Training mit Kollege Arnd Pfeiffer.
KÖLN taz | Kaum war die erfreuliche Botschaft über seine nächste Bewährungschance zu Michael Rösch vorgedrungen, blitzte in dem vorübergehend abgestürzten Olympiasieger von 2006 wieder der alte Schabernack auf.
Dass er auch beim zweiten Hochfilzener Weltcup, der heute mit dem Männersprint beginnt, wieder am Start sein wird, kommentierte er wie folgt: "Jetzt kann ich meinen Zimmerkollegen Arnd Peiffer eine Woche länger in den Schlaf schnarchen."
Der amtierende Olympiasieger und designierte Häuptling der deutschen Biathleten wird die angedrohten Nebengeräusche aber verschmerzen können, gilt Peiffer (24) doch als wichtiger Mosaikstein zu Röschs Rückkehr in die Skijäger-Elite. Im Januar 2010 hatte dieser sein bis heuer letztes Weltcup-Rennen bestritten.
Der nun 28-Jährige verpasste kurz darauf die Olympischen Spiele in Vancouver, musste im international zweitklassigen IBU-Cup starten - und als er selbst dort noch hinterherlief, wurde er gar in den Deutschland-Pokal verbannt. "Ich war", sagt Michael Rösch lapidar, "ganz unten."
Um die großen - auch privaten - Probleme zu Hause im sächsischen Altenberg zu überwinden, verständigte er sich mit dem DSV vor dieser Saison auf einen Standortwechsel. Statt in Altenberg trainierte Rösch mit Arnd Peiffer vier Monate lang im oberbayerischen Bad Endorf, wechselte zudem das Management und fand sich letztlich beim abschließenden Trainingslager der DSV-Skijäger in Nordfinnland wieder. Unter anderem mit Peiffer, Daniel Böhm und dem mittlerweile pausierenden Christoph Stephan, mit denen er sich jenseits des Polarkreises eine Hütte teilte.
Zwei Jahre Zwangsabstinenz
"Michael Rösch ist auf dem Weg zurück zu alter Stärke", betonte Männercoach Mark Kirchner anschließend. Und lobte die allgemeine Entwicklung des einstigen Hallodris: "Er ist als Mensch, als Persönlichkeit absolut gereift." Vor dem Comeback in der Vorwoche ging Rösch nach eigenem Bekunden allerdings "extrem der Stift - so wie vor meinem allerersten Weltcup-Rennen".
Doch er bekam die Nervosität in den Griff, wurde 27. im Sprint, verbesserte sich in der Verfolgung auf Rang 12 - und darf sich deshalb im Kreise der Biathlon-Elite nun noch eine Spur heimischer fühlen. Auch wenn Rösch nach der ersten Schleife in Hochfilzen schon das Gesicht verzog - weil er sah, wie sich die Weltspitze in den knapp zwei Jahren Zwangsabstinenz verändert hat.
"Das Feld ist brutal eng zusammen, du darfst nirgendwo eine Sekunde liegen lassen", sagt er und genießt es, in dieser wüsten Konkurrenz mitmischen zu dürfen. "Erkenntnisresistent" sei er gewesen, entschuldigt sich Rösch im Nachhinein bei Trainern und Kollegen - und gesteht: "Dass ich es nicht nach Vancouver geschafft habe - dieser Stachel sitzt immer noch tief."
Schließlich sind da die Erinnerungen an Olympia 2006, als er im Team mit Ricco Groß, Michael Greis und Sven Fischer als Einziger aus dem DSV-Quartett fehlerfrei schoss, zudem die zweitschnellste Laufzeit hinter dem Norweger Ole Einar Björndalen in den Schnee legte und so entscheidend zum deutschen Staffelgold beitrug.
Fortan galt er als der Kronprinz im deutschen Biathlon. Seitdem sind fast sechs Jahre vergangen, in denen Rösch tiefe Täler durchwandert hat. Der Gedanke an ein vorzeitiges Karriereende befiel ihn dabei trotzdem nie. Rösch: "Ich kann doch eh nichts anderes."
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