piwik no script img

Neuer Onlinedienst ortet NutzerYahoo weiß, wo Du bist

Nach Google setzt nun auch Yahoo auf ortsbasierte Dienste: Standortdaten von Yahoo-Nutzern können abgefragt werden, um passende Werbung zu präsentieren. Datenschützern ist das unheimlich.

Stetes Orten als Serviceleistungen: Yahoos "Fire Eagle". Bild: screenshot fireeagle.yahoo.net

Wer mit einem iPhone unterwegs ist, kann sich mit einem Fingerdruck seine aktuelle Position anzeigen lassen. Die auf Kartenmaterial von Google basierende Technologie wird von immer mehr Anwendungen genutzt, die dem Nutzer zu seiner aktuellen Position passende Inhalte präsentieren - eingespielt über das Internet, mit dem das Handy in ständiger Verbindung steht.

Neben Google will nun auch der Portal-Riese Yahoo in das Geschäft mit den so genannten ortsbasierten Diensten einsteigen. Am Dienstag startete er dazu eine neue Plattform namens "Fire Eagle", die alle dafür notwendigen Bestandteile zusammenfügen soll. Das Profitpotenzial ist vorhanden: Wer die Position seines Nutzers kennt, kann auch gleich passende Werbung einblenden, die sich besonders teuer vermarkten lässt.

Yahoo sieht sich mit Fire Eagle dabei als Verteilstelle und Vermittler für ortsbasierte Daten. Das Portal nimmt den aktuellen Standort des Nutzers dazu über verschiedene Wege entgegen - von Hand, also über ein Eingabeformular im Web, per SMS vom Handy aus, mit einem kleinen Programm (Widget), das Ortsdaten per PC ermittelt oder über diverse Dienste von Drittanbietern, die bereits jetzt Informationen über die Position des Nutzers sammeln.

Die Angaben können sehr genau sein, wenn die Datenquelle ein Satellitennavigationschip ist (Straße, Hausnummer), oder etwas exakt, wenn die Position beispielsweise anhand des verwendeten Internet-Providers ermittelt wird (Stadt oder Land). Die von Yahoo gesammelten Daten werden dann wiederum über die Fire Eagle-Schnittstelle an angeschlossene Entwickler verteilt. Mehr als 50 verschiedene Firmen haben sich bereits angemeldet, darunter der Weblog-Betreiber Movable Type oder der Kommunikationsservice Pownce. So kann man dann beispielsweise seinen (Blog-)Lesern automatisch mitteilen, wo man sich gerade befindet.

Andere Fire Eagle-Anwendungen bieten die auch von Google bekannte ortsbasierte Kost: Sie blenden passend zu den Positionsdaten des Nutzers eine Umgebungskarte ein, auf der man dann ablesen kann, welche Geschäfte oder Restaurants in der Nähe sind. Aber auch manches mobile soziale Netzwerk funktioniert inzwischen über Positionsdaten: So kann man dann auf unterstützten Handys ablesen, ob sich Freunde in der Nähe befinden, um sich bei Interesse mit ihnen zu verabreden.

Um Ängste von Datenschützern zu zerstreuen, dass die Positionsdaten in falsche Hände gelangen könnten, will Yahoo bei Fire Eagle den Nutzern breite Einstellmöglichkeiten geben. So ist bestimmbar, welche Informationen mit welcher Website oder welchem Dienst geteilt werden und ob diese tatsächlich den exakten Ort oder nur gröbere Daten wie die Postleitzahl, die Stadt, die Region oder das Land umfassen. Zudem soll der Nutzer mindestens einmal im Monat per E-Mail daran erinnert werden, dass er entsprechende Freigaben erteilt hat - im Zeitalter des Online-Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms durchaus eine sinnvolle Einrichtung.

Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig Holstein, hat Bauchschmerzen, dass Nutzer zu blauäugig an solche Dienste herangehen, da ein Erstellen vollständiger Bewegungsprofile möglich sei. "Man kann ortsbasierte Services datenschutzkonform betreiben. Dazu ist notwendig, dass sämtliche Beteiligte informiert werden." Außerdem seien dabei laut deutschem Recht die Nutzerangaben stets zu anonymisieren. Das Problem: Daran hielten sich viele amerikanischen Anbieter oft nicht, kombinierten Ortsangaben mit Profildaten.

Yahoo ist nicht der einzige Anbieter, der sich im Bereich ortsbasierter Dienste tummelt. Neben Google sind dabei auch kleinere Anbieter vertreten. So bietet das Berliner Unternehmen Plazes, das seit kurzem von finnischen Handy-Riesen Nokia übernommen wurde, einen ähnlichen Service: Seine Software erfasst die aktuellen Standortdaten auf unterschiedliche Arten und gibt diese dann an andere Dienste weiter, wenn der Nutzer das wünscht. Plazes soll nun auch über Fire Eagle verfügbar gemacht werden.

Angebote wie der neue Yahoo-Dienst zeigen, dass es nicht mehr lange dauern dürfte, bis die Nutzer beim Surfen stets mit an ihrer Position ausgerichteten Inhalten versorgt werden. Ob sie das wirklich wollen und brauchen, ist allerdings eine ganz andere Frage: So nervt beispielsweise das Medienangebot des US-Senders CNN damit, dass stets die internationale Ausgabe erscheint, wenn es von außerhalb Amerikas aufgerufen wird. Abgelesen wird das anhand der Internet-Adresse. Das Problem: Wer sich eigentlich für US-Neuigkeiten interessiert, muss das vorher extra abspeichern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!