: Neuer Boykott in Sicht
Sportlehrer diskutieren heute, ob es wieder Wettkämpfe gibt. Dritte Sportstunde hat sich vielerorts in Luft aufgelöst. SPD äußert böse Ahnungen zu KESS-Studie
Wenn sich heute Abend die Sportlehrer in der Gesamtschule Eppendorf versammeln, wird auch über einen neuen Boykott der Wettkämpfe diskutiert. Eigentlich sollten zehn der 1.000 Stellen, die Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) umschichtet, eingesetzt werden, um Wettkämpfe wieder sicherzustellen. Denn bis auf zwei waren im Vorjahr alle 140 Sportveranstaltungen ausgefallen, weil die im Arbeitszeitmodell mit einer hohen Unterrichtsverpflichtung schlecht gestellten Sportlehrer dazu nicht bereit waren. Doch da dies nicht verändert wurde, habe sich „für uns nichts verbessert“, so Sportlehrersprecher Peter Stielert. „Es gibt weiter Kollegen von uns, die 30 Stunden und mehr unterrichten“.
Von den zehn Stellen werden drei für regionale Sportbeauftragte genutzt, die übrigen sieben für die Organisation der Wettkämpfe. Lehrer, die mit ihren Schülern daran teilnehmen, müssten jedoch Zeit für Vorbereitung und Training aufbringen, was laut Stielert nicht berücksichtigt ist.
Die Sportlehrer wollen sich heute Abend mit der gesamten Lage des Schulsports befassen. Dazu gehört der Schwimmunterricht. So sollen Eltern von Kindern, die schon schwimmen können, für diesen Unterricht bezahlen. Stielert lehnt das ab: „Bewegung im Wasser ist für Kinder sehr wichtig.“ Auch sei Wassersport ohne gute Schwimmfähigkeit zu gefährlich.
Ein „Trauerspiel“, so Stielert, sei aber auch das faktische Ende der dritten Sportstunde, das sich aus einer Umfrage an 64 Schulen ergab. Dinges-Dierig hatte den Schulen freigestellt, sie für Wettkämpfe, Kunst- oder Musikaufführungen zu nutzen. Da die Ressourcen so knapp wären, würden viele Schulen diese Stunde streichen.
Sorgen um die Zustände an Schulen macht sich auch Elternkammersprecher Holger Gisch. Er hatte von der Behördenspitze erfahren, dass die Umschichtung der 1.000 Stellen noch gar nicht richtig begonnen habe. Gisch: „Wenn es jetzt schon bis zu 34 Schüler in der Klasse gibt, was soll dann erst werden, wenn alle 1.000 Stellen abgezogen sind?“ Der Kammer wurde zudem mitgeteilt, dass die Ist-Analyse für die Schulstandorte erst am 10. September vorliegen wird. Das verkürzt die Frist für die Schulen zur Stellungnahme auf zweieinhalb Wochen. Die dann für November angekündigte Liste der Schließungen, so Gisch, lasse „nichts Gutes erwarten“.
Böse Ahnungen hat auch die SPD-Abgeordnete Sabine Boeddinghaus. Sie vermutet, dass die vergleichenden Ergebnisse der KESS-Studie als Argument für Schulschließungen dienen sollen und deshalb noch unter Verschluss sind. So habe der frühere Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) beim Start der Studie im Frühjahr 2003 gesagt, KESS solle Einfluss auf die Standortentwicklung haben. Kaija Kutter