Neue Platten : Remix/Remodel: Schneider TM macht das Licht an und Anne Laplantine arbeitet an der wohltemperierten elektronischen Musik
Sollen sich doch die späteren Musikarchäologen detaillierter mit der ganzen Remix/Remodel-Kultur auseinander setzen und schauen, ob sie die Trümmer wieder zu den entsprechenden Vasen zusammenbringen, während ich bei der neuen Scheibe voll solchem Bruchwerk von Schneider TM – „Reconfigures“ mit Ausarbeitungen von Lamb-, Boss Hog-, Lambchop- und sonstigen Stücken – zuerst als ganzheitlichen Eindruck einfach hören will, dass Schneider, der Ostwestfale in Berlin, freundlicherweise doch auch ein Indierocker geblieben ist, der in Zukunft sogar vielleicht mal wieder deutlicher herausstellen wird, dass er mit den Hip Young Things eine achtbare Rocker-Vergangenheit hat. Nur dass eben die Gitarre nicht mehr als heilige Monstranz vor sich her getragen wird und Schneider längst schon das elektronische Knirschen und schleifende Tonspuren schätzen gelernt hat: und genau das tut dem Song gut, weil sich hier eine lässige Distanz auftut und nicht alles im geilen Drang der Leidenschaft niedergebrettert wird. Aber ein Remixer muss sowieso verständnisbereit sein, und Schneider kann auch mit Disco. Er kann mit Dub und Reggae, und damit ist „Reconfigures“ tatsächlich so eine Hippie-Platte geworden, wo alle mit ihren Marotten und Überzeugungen freundlich zusammenkommen und sich an einen Tisch setzten dürfen, bleichwangiger pathetischer Indiepop (Phililip Boa) genauso wie der Country-Eigenbrötler (Lambchop), und für alle hat der Gastgeber (Schneider TM) das passende Extraknirschen und macht in den Liedern sogar netterweise noch immer das Licht an. Schön. Und schön auch die Arbeit von Anne Laplantine an der wohltemperierten elektronischen Musik. Auf „Dicipline“ sammelt die Französin und Wahlberlinerin (die ihre Platten auch als Michiko Kusaki oder Anne Hamburg veröffentlicht) knappe Instrumentalstücke, die zwischen Exerzitien und Spiel balancieren. So schwebend leicht klingen sie, wie das früher Joseph Racaille und Hector Zazou hingekriegt haben oder vor kurzem Guido Möbius mit „Klisten“. Wo der aber die Sounds schichtete und verdichtete, werden sie von Laplantine bis zur einzelnen Note entzerrt. Klänge von Glockenspiel, Melodika, Gitarre als Soundquellen, sie finden sich in einer Fragilität, die doch die Strenge von barocken Fugen wie einen Merksatz zu memorieren scheint, um vergnügt nebenher in kinderliedhaften Melodien zu tändeln. Am besten hört man jedes der Stücke für sich wie eine Tageslosung. Schönheit als Meditation. TM