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Archiv-Artikel

Neue Filme Diese Woche neu im Kino

AMERICAN SPLENDOR: Babylon, Central, Filmkunst 66, FT Friedrichshain MADAME SATÃ: Xenon

American Splendor

USA 2003, Regie: S. S. Berman, R. Pulcini. 101 Min.

Wer ist dieser Harvey Pekar nun? Eine Reinkarnation des jungen Brando, ein drahtiger Prolo-Gott, oder ein verknitterter Stinkstiefel, so wie Comiczeichner Robert Crumb den Comiczeichner zeichnet? „American Splendor“ nutzt diese Ungewissheit, die sich aus der Multiplität des Charakters Pekar ergibt, grandios. Elemente von Comic-Verfilmung und abgefilmtem Comic, Animations- und Interviewfilm sind zum angejazzten Porträt vermischt, das ebenso viele Facetten und Widersprüche aufweist, wie der Comic-Charakter Harvey Pekar Zeichner hatte. Und „American Splendor“ ist ebenso gut ein Film über die Problematik von Identifikationsmodellen wie über die Schwierigkeit, als kleine Aktenlaus ein Leben in Würde zu führen. Harvey Pekar kommt uns nur allzu bekannt vor; er ist „unser Mann“, wie der echte Harvey sein Alter Ego vorstellt: „all grown up and going nowhere!“

Madame Satã

Brasilien 2002, Regie: Karim Aïnouz. 105 Min.

Die Geschichte des Tansvestiten João Francisco dos Santos, der von 1900 bis 1976 gelebt hat, aber Karim Ainouz komprimiert die Handlung im Wesentlichen auf jene Zeit, in der Francisco (Lázaro Ramos) sich als „Madame Satã“ neu erfindet, zwischendurch immer wieder durch Gewalttaten in Schwierigkeiten – und ins Gefängnis – kommt. Die raschen Übergänge zwischen einer fast trägen, somnambulen Stimmung und den harten sozialen Realitäten sind eine wichtige Strategie des Films. Die Musik der Zeit spielt eine bedeutende Rolle. Fast durchweg brasilianische Klassiker in großartigen Versionen. Ein Period-Picture in Low-Budget-Regie, das sich selbst ausnimmt wie ein Traum von einer vergangenen Zeit.