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Archiv-Artikel

Nervöses Regierungslager

betr.: „Gewerkschafter wollen neue SPD gründen“, „Projekt 18 mit links“, taz vom 8. 3. und 11. 3. 04

Diskussionen (!) um Sinn und Zweck „wahlpolitischer Alternativen“ in die Nähe des rechten Populismus à la Schill zu rücken, ist infam, letztlich aber wohl ein Zeichen für die wachsende Nervosität des bundespolitischen Regierungslagers in Anbetracht der anhaltenden Abstimmung mit den Füßen: Das laute Nachdenken über politische Alternativen „links“ der SPD (und „links“ der Grünen) ist die logische Konsequenz aus deren neoliberaler Talfahrt in die politische Mitte einerseits sowie Wahlniederlagen und Parteiaustritten andererseits (abgerundet durch die Unattraktivität der PDS).

Eine ernst zu nehmende (auch wahl-)politische Alternative würde aus einer Initiative für „Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ freilich erst, wenn sie nicht bei diesen Themen stehen bliebe. Aus dem übrigen Politikspektrum, das wählbare Alternativen vermissen lässt, möchte ich nur einen Punkt exemplarisch herausgreifen: Dem rot-grünen Irrweg in den Sicherheitsstaat und der damit verbundenen Abkehr von liberaler (und sozialer) Rechts- und Kriminalpolitik sind menschen- und bürgerrechtliche Alternativen entgegenzusetzen – gerade auch auf europäischer und globaler Ebene. Es wäre ein fataler Irrtum zu glauben, das eine (neoliberale Globalisierung, Umverteilung, Sozialabbau etc.) habe mit dem anderen (repressive Intervention und Prävention, Überwachung, Kontrolltechnologien etc.) nichts zu tun. Nur wenn wahlpolitische Alternativen auch diese Themen auf ihre „Agenda 2006“ setzen, sind sie welche!

HELMUT POLLÄHNE, CAROLA PUDER, Bielefeld