Neonazi-Trauermarsch in Dresden: Nazis, Linke, Du und ich
In Dresden wird am Sonntag der Opfer der Weltkriegs-Bombardements gedacht. Und die Neonazis provozieren mit einem "Trauermarsch".
DRESDEN taz | Menschenkette, Naziaufmarsch, Blockadeaufrufe: Es wird eine Herausforderung für die Stadt sein, und es wird ein anstrengender Tag in Dresden. Anlässlich des 66. Jahrestages ihrer Bombardierung sind heute in der sächsischen Landeshauptstadt erneut Auseinandersetzungen um die Gedenk- und Mahnkultur zu erwarten. Denn wie bereits in den Jahren zuvor wollen Neonazis den Termin erneut für sich instrumentalisieren. Über zehntausend Menschen wollen in Dresden mit einer Menschenkette friedlich gegen sie demonstrieren, ein antifaschistisches Bündnis ruft zu Blockadeaktionen gegen die Rechtsextremen auf.
Diese wollen am Sonntagnachmittag in einem "Trauermarsch" ihre fremdenfeindliche Gesinnung untermauern und dabei auch einen Kampf gegen die Zivilgesellschaft gewinnen, den sie im letzten Jahr verloren hatten. Als die Rechtsextremen am 13. Februar 2010 ebenfalls in Dresden demonstrieren wollten, war es einem breiten Bündnis zivilgesellschaftlicher Gruppen, Verbände und Parteien gelungen, den Aufmarsch durch massive Sitzblockaden zu verhindern.
In einer Entscheidung des Dresdner Verwaltungsgerichts vom Januar hatte das Gericht die Polizei dafür gerügt, den Naziaufmarsch nicht ermöglicht zu haben. So steht die Polizei in diesem Jahr vor großen Herausforderungen: Sie muss die Demonstrationsfreiheit der Rechtsextremen mit allen Mitteln durchsetzen. Politik und Sicherheitsbehörden setzen daher auf eine strikte "Lagertrennung": Abgesehen von der großen Menschenkette in der Altstadt sollte das Bündnis "Dresden Nazifrei" in diesem Jahr nur auf der anderen Seite der Elbe – und damit weit entfernt von den Neonazis – demonstrieren dürfen.
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In den letzten Tagen hatte es daher eine juristische Auseinandersetzung um das Demonstrationsrecht der Nazigegner gegeben. Doch die Gerichte entschieden: Es muss bei der "Lagertrenung" bleiben. Damit steht nun die Dresdner Polizei, die mit bis zu 6.000 Beamten im Ensatz ist, vor einem anderen Problem: "Es wird eine unübersichtliche Situation, weil es nun keine zentrale Anmeldung der Gegendemonstranten mehr gibt", sagte ein Polizeisprecher am Morgen der taz. Daher sei für die Polizei "nicht absehbar, welche Gegenaktionen es gibt". Weil sie nicht abseits des Geschehens demonstrieren wollten, ist damit heute mit spontanen und kleinen Aktionen antifaschistischer Gruppen zu rechnen.
Doch nicht nur die Urteile und die Politik der Stadtverwaltung versetzen die Rechtsextremen in eine komfortabe Situation. Sie versuchen in diesem Jahr auch mit einer neuen Strategie einen Erfolg für sich zu verbuchen: Um sicher einen Aufmarsch durchführen zu können, haben sie für den kommenden Samstag, den 19. Februar, erneut und weitaus umfassender mobilisiert. Dann könnten bis zu 6.000 Neonazis aus ganz Europa in Dresden eintreffen. Das Bündnis "Dresden Nazifrei" konzentriert sich in seiner Mobilisierung daher vor allem auf den 19. Februar, wenn Nazigegner aus ganz Deutschland in Dresden die Demonstration der Rechtsextremen unterbinden wollen. Doch auch für Sonntag ist mit Störaktionen und Blockadeversuchen in Dresden zu rechnen. Bereits am Morgen versammelten sich Gegendemonstranten an der Hochschule für Wirtschaft und Technik, um von dort aus zu starten.
Dazu gibt es hinreichend viele Möglichkeiten: Um 11 Uhr könnten die Auseinandersetzungen bei der traditionellen Kranzniederlegung auf dem Dresdner Heidefriedhof beginnen. Dort gedenken die Stadtratsfraktionen der Bombennacht. In den letzten Jahren waren hier immer auch NPD-Funktionäre mit eigenem Kranz aufgetreten. Das wird diesmal auch wieder erwartet.
Um 13 Uhr dann beginnt in der Altstadt die Menschenkette, zu der mehr als 10.000 Menschen erwartet werden. Die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) hatte gemeinsam mit den demokratischen Parteien im Stadtrat, Kirchen und der Jüdischen Gemeinde dazu aufgerufen. Erwartet wird unter anderem Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU). Die Herausforderung: Auch Rechtsextreme haben ihre Beteiligung an der Menschenkette angekündigt.
Um 15 Uhr soll der sogenannte "Trauermarsch" der rechtsextremen Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) beginnen. Spätestens dann könnte die heiße Phase des Tages beginnen. Am Abend sollen in Dresden um 21.45 Uhr zum Zeitpunkt des ersten Fliegeralarms am 13. Februar 1945 traditionell die Dresdner Kirchenglocken läuten.
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