Nato zerstört historische Brücke, die Donauschiffahrt ist lahmgelegt

■ Beim ersten Nato-Angriff auf militärische Infrastruktur in Serbien ist der einzige Donauübergang in Novi Sad vollständig zerstört worden

Nato-Flugzeuge haben am frühen Donnerstag morgen erstmals ein militärisch bedeutendes Infrastrukturobjekt bombardiert. Die historische Brücke über die Donau in der nordserbischen Stadt Novi Sad wurde vollständig zerstört. Weil über die Brücke auch eine Wasserleitung führte, ist die Trinkwasserversorgung in der Region gestört. Der Telefonverkehr ist unterbrochen. Die militärische Bedeutung des Bauwerks ist indes umstritten. Während Nato-General Wesley Clark von einer wichtigen Nachschublinie für das Kosovo sprach, hieß es in Belgrad, die Brücke werde schon seit zwei Jahrzehnten von der jugoslawischen Armee nicht mehr benutzt. Nach anderen Informationen soll schon 1991 über die Brücke eine wichtige serbische Nachschubverbindung für den Krieg in Kroatien verlaufen sein.

Durch den Brückeneinsturz ist auch die Donauschiffahrt lahmgelegt. Trümmer der „Marschall-Tito-Brücke“ versperren allen Schiffen den Weg. Positiver Effekt für die Nato: Damit ist auch der Bruch des Militärembargos gegen Jugoslawien über die Donau praktisch unmöglich geworden. Die Donauschiffahrt selbst ist schon seit einer Woche gestoppt, weil die jugoslawischen Behörden keine Abfertigungen mehr vornehmen. Da die Brückentrümmer jedoch den Transitverkehr längerfristig blockieren könnten, befürchtet etwa der Wiener Hafen empfindliche Einnahmeeinbußen.

Die einzige Brücke von Novi Sad verband das Stadtzentrum mit einer mittelalterlichen Festung. Erbaut wurde die Eisenkonstruktion im 19. Jahrhundert während der österreichischen Herrschaft über Serbien durch einen Schüler von Alexandre Gustave Eiffel, dem Architekten des Pariser Eiffelturms. Serbien verfügt nur über wenige feste Übergänge über die Donau, die fast alle noch aus der k.u.k. Zeit stammen.

Durch zwei schwere Explosionen beim Angriff auf die Brücke wurden nach serbischen Informationen auch nahe liegende Gebäude, ein Museum und Schulen beschädigt. Zu Todesopfern sei es „dank der schnellen Aktion der Polizei“ nicht gekommen. Noch Minuten vor der Zerstörung sollen mehrere Autos und ein Stadtbus die Donau auf der Brücke überquert haben.

Den „kriminellen Angriff der Nato-Luftwaffe“ nutzte die serbische Propaganda, um eine Verbindungslinie zwischen dem Krieg um das Kosovo und Massakern an Serben und Juden im 2. Weltkrieg zu ziehen. In Novi Sad erinnert ein Denkmal an die 4.000 Opfer einer Mordaktion ungarischer Faschisten im Jahre 1942. „Die Marschall-Tito-Brücke, die jetzt von den Faschisten der neuen Weltordnung zerstört worden ist, liegt nur etwa 100 Meter vom Denkmal entfernt“, heißt es in der Internet- Homepage von Novi Sad. klh