■ Nachgefragt: Kein Berufsverbot, aber...
Mathias Henkel, Mitarbeiter der BSAG, früher als Arbeiter dort Betriebsrat und Aufsichtsrat, CDU-Mitglied, hat seine Gewerkschaft, die ÖTV, aufgefordert, dafür zu sorgen, daß die PDS-Spitzenkandidatin Marina Stahmann nicht weiter als Jugendbildungsreferentin des DGB arbeiten kann. Gegen diesen Vorstoß organisiert die PDS Solidaritäts-Unterschriften.
taz: Haben Sie von der ÖTV Antwort auf Ihren Brief ?
Mathias Henkel: Noch nicht.
Haben Sie eigentlich Angst vor der PDS in Bremen?
Nein, aber die wird falsch eingeschätzt. Rein formal entspricht sie allen Bedingungen einer Partei, das gilt übrigens für andere auf dem rechten Spektrum auch. Von der Zusammensetzung her verfolgt die PDS aber Ziele jenseits des gewerkschaftlichen Konsenses .
Die Gewerkschaften müßten alle DKP- und PDS-Mitglieder mit Funktionsverbot belegen. Fordern Sie Berufsverbote?
Berufsverbote halte ich für ein ungeeignetes Mittel. Die haben nichts gebracht und man schafft Märtyrer. Aber wenn man weiß, wo die Leute politisch stehen, muß man sehen, wo man sie einsetzt. Was erzählt Frau Stahmann als PDS-Spitzenkandidatin 16jährigen über den Sozialismus? Da sehe ich die Gefahr..
Marina Stahmann war ja sogar früher DKP-Mitglied...
Das war mir nicht bekannt.
Stand aber vor Wochen in der taz.
Die habe ich nicht, aber die werde ich jetzt mal abonnieren. Ich habe jetzt nur die PDS-Wahlzeitung gesehen, da wurde sie vorgestellt als Jugendbildungsreferentin. Das darf doch nicht wahr sein.
Ihre Frau ist CDA-Sprecherin. Unterstützt die das?
Meine Frau unterstützt das. Ich habe, bevor ich den Brief geschrieben habe, hier in der BSAG herumgefragt und auch bei ehemaligen Betriebsrats-Kollegen, und die finden das alle gut.
Die PDS freut sich, weil Sie ihre Spitzenkandidatin richtig populär und bekannt machen...
Das habe ich auch zu hören bekommen. Das will ich natürlich nicht. Dem Thomas Diehl (CDU-Pressesprecher) paßt die ganze Richtung meiner Intervention nicht. Der sagt auch: Das ist Wahlkampf für die PDS. Ich sehe das anders. Das ist kein CDU-Thema, das ist ein Gewerkschaftsthema. Ich war früher mal ganz woanders engagiert. Ich weiß, wie da vorgegangen wird...
Aber Sie waren doch nicht Mitglied der DKP?!
Doch, doch. Nachdem ich den real existierenden Sozialismus in der DDR kennengelernt hatte, war ich aber mit dem Thema durch, Anfang der 70er Jahre.
Haben Sie es weit gebracht?
Ich war Vorsitzender im Ortsverband Greven bei Münster und im Kreisvorstand...
Und da hatten Sie auch einen SED-Bezirk, der immer auf Sie aufgepaßt hat?
Nein. Aber meine Aufgabe war es, die Gelder, die aus der DDR kamen, unauffällig als Spenden unterzubringen. Damals hatten wir die Maßgabe, wir sollten uns in den Gewerkschaften betätigen und das bitte stromlinienförmig - nicht etwa parteilich in Erscheinung treten. Bis hin zur Selbstverleugnung.
Das bedeutet: Nachzufragen, was macht die Jugendbildungsreferentin des DGB eigentlich, hat keinen Sinn.
Die wird hervorragende Arbeit leisten. Das wurde uns gesagt: Wir müssen 150prozentige Gewerkschaftsarbeit leisten. Nicht dort agitieren oder innergewerkschaftliche Opposition.
Deswegen betrachte ich es als meine Aufgabe, das anderen klarzumachen, ich habe Insiderwissen da. Das funktioniert ja auch: Die PDS kommt daher in der Aufmachung „Wolf im Schafspelz“, wir sind eine demokratische Partei. Und zur DKP- oder DDR-Vergangenheit halten sie sich bedeckt. Wenn die hier wirklich in großem Maße Erfolg hätten, dann hätten sie keine Hemmungen, zu alten Methoden zurückzukehren. Das ist mein Bedenken.
Fragen: K.W.
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