Nachgefragt: Müll gibt's auch anderswo
■ Die MVA bleibt, obwohl auch die Stahlwerke den Restmüll gern hätten
taz: Eigentlich sollte die Bremer Müllverbrennungsanlage 1997 abgeschaltet werden, nun verkündet Umweltstaatsrat Logemann überall, daß sie noch mindestens bis 2005 laufen solle und daß man danach vielleicht sogar eine neue MVA baue. Sind damit die hochfliegenden Pläne der Stahlwerke Bremen hinfällig, die ja vorgeschlagen haben, den Restmüll im Hochofen zu entsorgen?
Hans-Jürgen Blöcker, Sprecher der Stahlwerke Bremen: Nein, schließlich ist das Konzept nicht nur auf den Bremer Müll hin ausgerichtet. Genauso wie wir den Kunststoff aus dem ganzen norddeutschen Raum kriegen, könnte ich mir auch für den Restmüll andere Kommunen als Lieferanten vorstellen. Es wäre nur wesentlich schöner mit Müll aus Bremen.
Ab wann könnten Sie denn Restmüll verfeuern?
Das hängt ja davon ab, wie lang ein Hochofen läuft, die haben ja eine Lebensdauer von etwa 10 Jahren – und den letzten, den großen, haben wir 1992 zugestellt. Der läuft also 2002 aus. Dann stellt sich die Frage, will man ihn ersetzen und wie will man ihn ersetzen. Das braucht natürlich ein paar Jahre Planungsvorlauf.
Der jetzige Hochofen könnte keinen Restmüll fressen?
Nein, das ist ein ganz anderes Roheisenerzeugungs-Verfahren.
Sie legten bei der Verfeuerung des Plastikmülls immer Wert auf die Feststellung, daß der Müll im Hochofen nicht verbrannt wird, sondern „rohstofflich verwertet“. Das Verbrennen, also die thermische Verwertung, soll ja nicht mehr sein. Würde auch der Restmüll in Ihrem Hochofen nicht „verbrannt“?
Es gibt ja diese Abstufung: Die wertstoffliche Verwertung ist zum Beispiel die von Stahl und Papier; und dann gibt es die rohstoffliche Verwertung, also die Verwertung der chemischen Bestandtteile.
Und rohstoffliche Verwertung von Plastik im Hochofen heißt, daß sich der Kohlenstoff aus dem Plastik...
...der Kohlenwasserstoff...
...also daß der sich den Sauerstoff aus dem Erz schnappt, das Erz also reduziert. Deswegen ist das nicht nur eine thermische Verwertung, wo es nur um Wärmegewinnung geht – wie sähe das aus beim Restmüll?
Auch da geht es mehr oder weniger darum, dieses Material zur Reduktion des Eisens zu benutzen. Zur Reduktion brauchen wir den Kohlenstoff aus dem vorgetrockneten Restmüll.
Das Plastik im Hochofen soll Schweröl erparen, und der Restmüll?
Kohle oder Koks. Pro Tonne Roheisen werden ja etwa 400 Kilo Koks gesetzt. Auch der Koks dient ja im Wesentlichen zurReduktion.
Nun fassen sich die Leute an den Kopf, wenn sie hören, daß die Stahlwerke Bremen mit dem Entsorgen von Plastikmüll – und später vielleicht auch Restmüll – nicht nur Geld für Schweröl und Kohle sparen, sondern vom Grünen Punkt bzw. später den Kommunen auch noch zusätzlich Geld dafür bekommen – also an der Trennarbeit der BürgerInnen gut verdienen.
Also nochmal: Im Gelben Sack werden die Kunststoffe eingesammelt, dann wird alles Sortenreine, zum Beispiel Folien und Flaschen, rausgenommen für die Wiederverwertung. Das Sammeln von Plastikmüll wird also keineswegs überflüssig. Es gibt aber immer noch einen Rest, das ist die sogenannte Mischfraktion, das ist im Prinzip der Abfall aus der Kunststoffsammlung, mit dem man nichts anfangen kann – außer man deponiert ihn oder schmilzt ihn zu Pflastersteinen ein oder man setzt ihn ein als direkten Ersatz für Schweröl. Wir entsorgen diesen Müll und deswegen kriegen wir da zu Recht Geld für.
Fragen: cis
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