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■ NachgefragtPolitiker wie Diebe

1989 hat Gerold Janssen in einem langen Verhandlungs-Verfahren einen Kompromiß zwischen Naturschutz und Bebauung für das Hollerland ausgehandelt. Der Bausenator unterschrieb damals die Vereinbarung mit dem Umweltschützer. Der Bürgermeister stimmte zu. Wenig später erhielt Gerold Janssen das Bundesverdienstkreuz – für sein unnachgiebiges Eintreten für die Belange des Naturschutzes.

Heute will der Senat die damalige Vereinbarung über das Hollerland in den Papierkorb werfen. Der 72jährige immer noch unermüdliche und ehrenamtliche Umweltschützer Gerold Janssen will heute vor dem Rathaus stehen und hofft, daß die hochbezahlten „Betrüger“ Volksvertreter sich wenigstens schämen.

taz: Du willst Dich heute mit einem Transparent vor das Rathaus stellen , das die Politiker als „Betrüger“ und „gekaufte Volksvertreter“ bezeichnet. Warum?

Gerold Janssen: Das Ganze mit einem Fragezeichen - für den Fall, daß morgen der Bebauungsplan 1338 durch den Senat geht. Das wäre für mich ein klarer Vertragsbruch. Der Kompromiß über den Naturschutz im Hollerland hat 1989 sehr hohe Wellen geschlagen.

Wer kauft denn hier die Volksvertreter und die Politiker?

Klar ist, daß das Stadtplanungsamt dahintersteht. Möglicherweise auch die Gewoba, die in starkem Maße davon profitiert.

Es geht um 200 Meter Naturschutz-Fläche...

So darf man das nicht sehen. Es geht um mehr. Damals war eine Baulinie festgelegt worden, um die Interessen der Wohnungs-Baufirmen gegenüber denen des Naturschutzes abzugrenzen. Damals verhandelten wir, BUND und GNUU und die Bürgerinitiative zur Erhaltung des Hollerlandes, mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Dittbrenner, dem Bausenator Kunick, seinem Staatsrat Osthaus und dem SPD-Baupolitiker Carlo Schreiber, der jetzt den Judas spielt. Damals wurde die Verhandlung erst abgebrochen, drei, vier Tage später kamen diese Politiker abends zu mir und wollten ganz schnell eine Vereinbarung. Osthaus hat damals gedrängt und erklärt, die Opposition wolle das Thema in die Bürgerschaft bringen, vorher müsse man sich einigen.

Um den Kompromiß, der damals zustandekam, hat es auch unter Naturschützern Ärger gegeben.

Dieses hat mir damals sehr große Bauchschmerzen gemacht. Ich bin auch aus den eigenen Reihen angegriffen worden. Nun wird mit dem neuen Bebauungsplan in diesen Kompromiß eingegriffen, ohne daß mit mir überhaupt geredet wurde. Damals wurde festgelegt, daß die Bebauung an der Naturschutzgrenze vorsichtig beginnen soll, mit einzelnen freistehenden Häuser. Jetzt wollen sie Reihenhäuser dahinsetzen mit der Begründung, in dem hinteren Bereich sei die Bebauung auch sehr verdichtet. Für mich ist das ein klarer Vertragsbruch.

Bedeutet das, daß man sich als engagierter Bürger in dieser Stadt auf die klaren Zusagen so vieler Politiker nicht verlassen kann?

Ja. Das ist für mich ganz klar so. Früher wurden Verträge in Bremen per Handschlag gemacht. Jetzt wird hier herumgedeutelt, ob die schriftliche Vereinbarung mit dem Bausenator von damals ein Vertrag in irgendeinem juristischen Sinne ist. Das ist glatter Wortbruch. Ich kann die doch nur gleichsetzen mit Dieben. Fragen: K.W.

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