Nachgefragt: Frequenzgerangel
■ Frühestens im nächsten Jahr könnte ein Privatfunk voll senden
Am letzten Wochenende hat der Koalitionsausschuß von CDU und SPD der Landesmedienanstalt Arbeit beschert. Die soll nun prüfen, wie es mit dem Privatfunk in Bremen weitergeht. Bislang ist die Lage einigermaßen unbefriedigend: Bremens erster Privatsender „Radio 107.1“sendet täglich dreieinhalb Stunden auf der Frequenz 107,1, die sonst dem Deutschlandfunk zugeschrieben ist. Daneben kommen aber noch zwei andere Frequenzen für Privatfunk in Betracht: Die schwächere 100,3 und die noch schwächere 89,8, die zur Zeit nicht besetzt ist. Wolfgang Schneider, Direktor der Landesmedienanstalt, zur künftigen Frequenzvergabe.
taz: Sie sollen prüfen, wie diese beiden Frequenzen neu besetzt werden. Wie läuft so ein Prüfungsverfahren ab?
Wolfgang Schneider, Direktor der Bremer Landesmedienanstalt: Alle zwei Jahre können neue Frequenzen auf ihre Zuordnung überprüft werden. Die Vergabe von 100,3 an Deutschlandradio ist im Sommer genau zwei Jahre alt. Das ist der Anlaß.
Und nun haben wir ein Problem, wenn Privatfunk auf der Frequenz 100,3 stattfinden soll. Die Frequenz 107,1 bedient Bremen und Bremerhaven, die Frequenz 100,3 aber nur Bremen. In Bremerhaven gibt es dazu eine Parallelfrequenz. Bremen besteht immer noch aus zwei Städten, was der Koalitionsausschuß nicht so recht realisiert hat. Wenn 100,3 nun neu besetzt werden würde, dann müßten wir uns für Bremerhaven was einfallen lassen.
Das heißt, die Karten können neu gemischt werden?
Genau. Das entscheidet die Landesmedienanstalt aber nicht alleine. Es gibt einen gemischten Ausschuß: Zehn von der Landesmedienanstalt, acht von Radio Bremen und zwei vom Deutschlandfunk. Und die müssen das nun in ihrer Weisheit entscheiden. Das entscheidet der Ausschuß ganz autonom. Die Mitglieder sind nicht weisungsgebunden.
Der Ausschuß könnte einem Sender die Lizenz und damit die Frequenz entziehen?
Nehmen wir mal den Fall, die Frequenz 107,1 geht an den Deutschlandfunk, und „Radio 107.1“bekommt nichts mehr. Da müßten wir die Lizenz entziehen – und würden uns eventuell schadensersatzpflichtig machen: Enteignung, Artikel 14 Grundgesetz. Andersherum: Wenn Deutschlandradio die Frequenz ganz verliert, dann sind dreieinhalb Stunden schon an „Radio 107.1“vergeben. Die senden ja erst seit einem Jahr. Dann müßten wir zwanzigeinhalb Stunden ausschreiben. Wer sich dann darauf bewirbt, das ist dann ein zweites Verfahren.
Es könnte sogar so ein, daß die zwanzigeinhalb Stunden ein anderer macht, und „Radio 107.1“macht weiter wie gehabt. Ob das Sinn macht, habe ich nicht gesagt. Ich sage nur, was theoretisch denkbar ist.
Gibt es denn neben „Radio 107.1“noch andere private Anbieter, die versuchen, noch auf den Bremer Markt zu kommen?
Für eine 24-Stunden-Frequenz mit ausreichender Reichweite werden sich sehr viele bewerben, schätze ich.
Wann könnte ein neuer Sender an den Start gehen?
Das Verfahren wäre frühestens im Frühjahr 1998 abgeschlossen. Wenn sie wollen, können sie sofort anfangen. Aber üblicherweise geben wir einem neuen Sender ein Jahr Zeit. Fragen: J.G.
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