piwik no script img

■ Nach der Aufhebung des Embargos gegen SerbienSperrgut Mensch

Autoreifen, Maschinenersatzteile, Medikamente – der Strom der Waren darf wieder fließen. Seit die UNO den Bann gegen Serbien gelockert hat, sind die Flugverbindungen nach Belgrad wieder frei – frei auch für die Lieferung eines Sperrgutes, das die serbischen Machthaber gar nicht orderten: das Sperrgut Mensch. Die Westeuropäer werden es dennoch schicken, Deutschland als Exporteur Nummer eins: Einige zehntausend Kriegsflüchtlinge aus Restjugoslawien werden jetzt unwiderruflich auf den Heimweg geschickt, darunter Kriegsdienstverweigerer und Deserteure sowie Albaner aus dem Kosovo.

Als erstes Bundesland hat Hamburg am Wochenende die Abschiebewelle angekündigt. Andere Länder werden nachziehen. Öffentliches Aufsehen wird diese Maßnahme nur begrenzt erregen. Das haben die Innenminister von Bund und Ländern schon im Vorfeld getestet. Denn was in den nächsten Wochen passieren wird, ist – aus ihrer Sicht – nur der bürokratische Vollzug einer längst beschlossenen Sache: Schon vor Monaten haben sich die Innenminister darauf verständigt, nur noch Kriegsflüchtlinge aus Bosnien in Deutschland zu dulden. Kroatien wurde zum befriedeten Staat erklärt, in den man – trotz wirtschaftlicher Not und zerstörter Häuser – Flüchtlinge zurückschicken kann. Serbien bot sich politisch und moralisch zwar nicht als ganz so hoffähig an, doch die Scham, Menschen dorthin abzuschieben, ist auch hier vorbei.

Serbische Kriegsdienstverweigerer suchten vergeblich Schutz. Denkwürdige, beschämende Gerichtsurteile gaben ihrer drohenden Auslieferung zuhauf grünes Licht. Auch die von den serbischen Machthabern unterdrückten und bedrohten Kosovo- Albaner kämpften vergeblich um ein Bleiberecht. Nicht der politischen und humanitären Einsicht deutscher Politiker hatten diese Kriegsflüchtlinge bisher ihre Bleibemöglichkeit zu verdanken. Das Embargo gegen Serbien war ihr eigentlicher Asylgewährer.

Mit der Lockerung des Embargos hat die internationale Staatengemeinschaft jetzt den Weg für Abschiebungen frei gemacht, ohne die Gefährdungssituation der Kriegsflüchtlinge auch nur einen Deut zu entschärfen. Auf dem Parkett der internationalen Diplomatie erweisen sich Zehntausende von Flüchtlingen als leidiges Randproblem, dessen man sich um so lieber entledigte, je teurer es im Finanzetat zu Buche schlug. Doch die Ware Mensch wird sich als sperriger erweisen als ein Karton Seife oder ein Kanister Motorenöl: Sie wird sich vielerorts gegen die Deklarierung als Handelsgut wehren oder sich der Verfrachtung durch den Weg in die Illegalität gänzlich entziehen. Vera Gaserow

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen