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■ Nach den Luftangriffen der Nato bei GoraždeEine neue Qualität der Bosnien-Politik

Die Aktion der Nato in Goražde nur als „Schminke“ zu bezeichnen, wie dies manche Bosnier tun, ist aufgrund der langen, frustrierenden Erfahrungen mit der „Hilfe von außen“ zwar verständlich, aber unzutreffend. Schwerer als dieser Vorwurf wiegen die Klagen, die gegenüber der militärischen Planung der Nato-Aktion und der mangelnden Klarheit bei der Definition ihrer politischen Ziele geäußert werden.

Sicherlich erschweren die unterschiedlichen politischen Interessenlagen, die gerade im bosnischen Krieg innerhalb der UNO wirksam sind, diese geforderte Zielklarheit. Daß die russische Regierung als Anwalt der serbischen Interessen den Prozeß der Formulierung der strategischen Ziele nachhaltig zu stören in der Lage war, ist angesichts der Mechanismen der UNO nicht vermeidbar. Daß jedoch das britische Foreign Office und ein Teil der US-amerikanischen Außenpolitiker die Rücksichtnahmen auf die russischen Interessen nutzen, um die „eigene“ Balkanpolitik durchzusetzen, wirkt als negativer Faktor auf die jetzige Situation zurück. Dem britischen Kommandierenden der UNO-Truppen in Sarajevo, Michael Rose, wird jetzt vorgeworfen, er habe den serbisch- bosnischen Nationalisten signalisiert, daß sie sich „die östliche Seite Goraždes bis hin zur Drina nehmen“ könnten. Luftstreitkräfte seien von ihm erst angefordert worden, nachdem die Serben den Fluß überquert gehabt hätten. Sollte sich dieser Vorwurf bewahrheiten, dann wäre selbst die Nato von dieser Art Balkanpolitik instrumentalisiert. Ein zynisches Spiel vom Standpunkt der Opfer, der Menschen in Goražde.

Leider hat es auch Präsident Clinton versäumt, klare Zielvorgaben aufzustellen. Der Rückzug auf die Argumentation, der Luftangriff sei durch die Resolution 836 des Weltsicherheitsrates gedeckt, akzeptiert zwar die Spielregeln der Weltorganisation, eine politische Lösung für die Bosnienfrage steckt darin jedoch nicht. Folgerichtig hängt die militärische Aktion buchstäblich in der Luft. Dabei wäre es doch nicht schwierig, die einfache Formel, nämlich Bosnien-Herzegowina in den bisherigen Grenzen wiederherzustellen, dem Faschismus entgegenzutreten und die Kriegsverbrecher zu bestrafen, als Grundlinie für die eigene Politik zu nehmen. Es wäre angesichts der dramatischen Lage endlich an der Zeit, daß auch die deutsche Außenpolitik statt ständigen Lavierens zu konsistenten Aussagen fände. Dazu gehörte, endlich grundsätzliche Rechtspositionen, z.B. die der Menschenrechte, als „eigenes Interesse“ zu definieren. Erich Rathfelder

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