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Nach den Anschlägen in IsraelDas Ende eines ruhigen Sommers

Die israelische Luftwaffe greift im Gazastreifen an, von da kommen Raketen zurück. Wer hinter den Anschlägen vom Donnerstag steckt, ist noch unklar.

Palästinensische Milizen und das Volkswiderstandskomitee reagierten auf die Luftangriffe Israels mit Raketen auf die Stadt Ashdod. Bild: dapd

JERSUALEM taz | Die Zahl der Todesopfer, die am Donnerstag bei den Terroranschlägen im Süden Israels ums Leben kamen, ist auf acht Personen angestiegen. Bei einem weiteren Anschlag zündete am Freitag ein Selbstmordattentäter an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten eine Sprengladung und riss mehrere ägyptische Soldaten in den Tod. Unterdessen bombardierte die israelische Luftwaffe Ziele im Gazastreifen. Milizen vergelten die Luftschläge mit Raketenbeschuss auf Südisrael.

Die verheerenden Terroranschläge vom Donnerstag haben für die Menschen in Israel den bisher relativ ruhigen Sommer gewaltvoll enden lassen. Doch trotz Unsicherheit in der Bevölkerung nimmt der Alltag seinen Lauf. "Es ist ein unangenehmes Gefühl hier einzusteigen", erklärt ein junger Soldat, der am Freitagmorgen in Jerusalem auf den Bus nach Eilat wartet. "Aber das ist Israel. Wir sind das gewohnt", sagt er. Außerdem würde Linie 444 aus Jerusalem nicht entlang der ägyptische Grenze in den Süden fahren, wo sich Donnerstag der erste Anschlag ereignete. "Ich fühle mich zwar sicher. Aber ich glaube, dass ab jetzt wieder alles schlimmer wird", sagt eine junge Frau, die ihren Freund in Eilat besuchen will.

Schon kurz nach den Anschlägen vom Donnerstag erklärte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak: "Die Ursache dieser Terroranschläge liegt in Gaza und wir werden mit voller Kraft gegen sie vorgehen." Am frühen Abend flog die israelische Luftwaffe dann erste Angriffe auf den Gazastreifen. "Die Verantwortlichen dieser Anschläge sind jetzt nicht mehr am Leben", sagte Israels Premierminister Benjamin Netanyahu nach der Operation, bei der die vermeintlichen Drahtzieher getötet wurden. Dabei handelt es sich um sechs Mitglieder des sogenannten Volkswiderstandskomitees, eine militante Gruppierung, die sich aus Kämpfern unterschiedlicher palästinensischer Fraktionen zusammensetzt.

Noch ist unklar, wer hinter den Anschlägen steckt

Auf die israelischen Luftangriffe reagierten palästinensische Milizen und das Volkswiderstandskomitee über Nacht mit insgesamt 12 Raketenabschüssen. Dabei schlug eine Rakete des Typs Grad in einer orthodoxen Religionsschule in der Stadt Ashdod ein und verletzte nach Angaben der Rettungshelfer zehn Menschen, zwei davon schwer.

Auch wenn Netanyahu erklärte, dass die Täter "nicht mehr am Leben sind"; scheint zumindest für Experten weiterhin unklar, wer wirklich hinter den Anschlägen steckt. "Bis jetzt hat noch keine Gruppierung die Verantwortung dafür übernommen. Für eine klare Aussage über die Täter ist es einfach noch zu früh", erklärt Nathan Thrall, Gaza-Experte bei der International Crisis Group. Bestätigt scheint aber, dass die Täter über einen Tunnel aus dem Gazastreifen nach Ägypten und dann über die Grenze nach Israel gekommen sind.

In den israelischen Medien ist mittlerweile eine heftige Diskussion über die Ursachen und Konsequenzen der Anschläge entflammt. In der Freitagsausgabe von Haaretz macht ein Artikel etwa das "Vakuum in Sinai" für die Anschläge mitverantwortlich. Die Südgrenze Israels zu Ägypten gilt als relativ unsicher, besonders seitdem auf der Sinai-Halbinsel Beduinenstämme die Kontrolle über weite Teile der Region übernommen haben.

Auch Yehuda Ben Meir, Co-Direktor des israelischen "Institute for National Security Studies", sieht das Hauptproblem für Israels Sicherheit in Ägypten. "Die Sicherung der Südgrenze ist jetzt die strategische Hauptaufgabe. Auch wegen den Tunneln, durch die Terroristen problemlos nach Ägypten kommen, muss die Sicherheit am Sinai wieder hergestellt werden", sagt er. Dabei könne auch der aktuelle Bau der Mauer, die im Süden hauptsächlich afrikanische Einwanderer abwehren soll, beschleunigt werden.

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14 Kommentare

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  • OMA KRUSE - was Israel will ist Landraub UND Krieg - (und nicht Land gegen Frieden!)

    - Krieg gegen sein wehrloses semitisches Brudervolk, das dem Aggressor hoffnungslos unterlegen ist - das ist alles.

     

    Kommentar bearbeitet. Bitte vermeiden Sie undifferenzierte Verallgemeinerungen und achten Sie auf Ihre Wortwahl.

  • BEHAUPTUNGSTATTFAKTEN, ja - und viell. ist es sogar n o c h schlimmer: daß die Regierung Nethanjahu Gründe für jedwelchen militärischen Attacken einfach e r f i n d e t , um in Hebron bzw. Westjordanland wahllos drauflos zu wüten......

    ..... zB immerhin fehlen bis heute Beweise für diese dubiosen "Entführungen". Zuzutrauen ist ihnen alles! Oder eine 3.Intifada bewußt zu provozieren, um diese anschließend mit brutaler Waffengewalt niederzuschlagen, bzw.

    die unliebsamen Palästinenser-Nachbarn "wirksam" zu vertreiben/loszuwerden.

    Man weiß nicht wo das noch enden soll.

     

    Dieses Unrecht läßt einen schon längst nicht mehr ruhig schlafen.

  • Ach OMA KRUSE - an Ihrer Stelle würde ich mal umdenken und den Fokus auf Israel richten - wo es allerhand Übles zu sehen gibt:

     

    Israel gibt doch überhaupt kein "Land gegen Frieden" auf - sondern raubt/besetzt anderer Leute Territorium, um darauf ungeniert israelische SIEDLUNGEN zu errichten.

  • E
    end.the.occupation

    Im übrigen. Ja - das war ein 'ruhiger Sommer' für die Besatzer.

     

    Für die Palästinenser - ob in Silwan, Nablus, Beit Ommar oder Bilin - war das ein Sommer mit einem dutzend Toten, zerstörten Häusern, niedergebrannten Feldern, abgesägten und entwurzelten Bäumen und permanenten Attacken durch den Siedlermob.

     

    Für die Beurteilung der Situation kommt es halt immer darauf an - auf welcher Seite man sein Zelt aufgeschlagen hat.

     

    War Andreas Hackl mal in den vorangehend genannten Orten?

     

    Warum schweigt die taz zum 'Freedom Theatre'?

  • JR
    Josef Riga

    @oma Kruse:

    hier geht es doch nicht um Ägyptens Erfüllung des Friedensabkommens. Schließlich hat die VAR israel nicht angegriffen. Es sind Palästinenser, die um ihr Heimatrecht kämpfen, gewesen, die die Anschläge vollzogen haben. Mit deren Situation muss sich Tel Aviv auseinandersetzen, nicht mit dem friedlichen Aegypten.

  • M
    MeckieMecker

    Man sollte dabei aber auch nicht vergessen, dass Ägypten nur ein begrenztes Kontingent an Soldaten durch Israel im Sinai zugestanden wird. So musste Mubarak, als er sich mit seinen Elitebrigaden nach Sharm El-Scheich zurückzog, bei Israel um Erlaubis bitten, diese Truppen im Sinai stationieren zu dürfen. Mit einer Hand voll Soldaten lässt sich ein so großes Gebiet wie der Sinai nicht kontrollieren.

    Darüber hinaus ist diese Grenze nicht nur ägyptisch, sondern auch israelisch. Die israelischen Grenztruppen haben also ebenso versagt wie die ägyptischen.Und dies, obwohl der israelische Verteidigungsminister Barak nach dem Sturz Mubaraks besonders auf die Sicherung der südlichen Grenze bedacht war.

    Durch das Friedensabkommen und die Rückgabe des Sinai an Ägypten wurden den dort lebenden Beduinen besonderer Schutz gewährt.

    Allerdings befinden sich in den Beduinengebiete heutzutage wichtige Tourismuszentren Ägyptens. Die Gebiete der Beduinen wurden teilweise enteignet, die indigene Bevölkerung vertrieben.

    Die Beduinen haben sich gegen die Ägypter gewehrt, und wurden prompt als Terroristen eingestuft. Es ist also schwierig zu sagen, um welche Art von Kombattanten es sich dort handelt.

    Darüber hinaus steht immer noch nicht fest, wer für die Anschläge verantwortlich ist. Barak hat zwar Ziele im Gazastreifen bombardieren lassen, aber ob dabei tatsächlich die Drahtzieher getötet wurden, ist fraglich.

    Warum die Palästinenser knapp drei Wochen vor dem Antrag auf einen eigenen Staat ihr Anliegen derart komprommitieren sollten, ist ebenfalls sehr merkwürdig.

  • F
    Franz

    @Oma Kruse: Sinai ist heute ägyptisch, weil es immer zu Ägypten gehört hat. Wer fremdes Land besetzt und anschließend als Faustpfand für Abkommen nutzt, handelt nicht moralisch.

     

    Solange die Palästinenser auch nach 40 Jahren!!! in Flüchlingslagern und besetzten Gebieten leben müssen, solange werden sich auch immer wieder neue Terroristen finden lassen.

     

    Die Israelis sollten ihre Nachbarn so behandeln, wie sie selbst behandelt werden wollen. Deutschland könnte auch nicht in Frieden leben, wenn es ständig Siedlungen auf polnischem Gebiet bauen würde.

  • B
    Beobachter

    @OmaKruse:

     

    Sie sind ein typisches Beispiel für nur teil- oder desinformierte Menschen in der westlichen Öffentlichkeit.

     

    Durch Weglassen wichtiger Details wird seit Jahrzehnten ein einseitiges und stets der arabischen Seite die Schuld zuweisendes Bild von der Konfliktlage erzeugt. Israel ist stets das Opfer und reagiert nur und die arabische Seite ist stets Provokateur.

     

    Gut....soweit das Bild der westlichen Medienöffentlichkeit.

     

    Ein kleines Beispiel, wie ohrenbetäubendes Totschweigen wichtiger Ereignisse das Bild verzerrt:

     

    http://www.aljazeera.com/

     

    5 ägyptische Grenzsoldaten sind von israelischen Angriffen getötet worden im Zuge dieser neuesten Ereignisse. Die Ägypter sind wütend und es eskaliert gerade zwischen Ägypten und Israel.

     

    Der Judenstaat steuert geradewegs auf einen Krieg mit Ägypten zu und das Militär dort diskutiert offen, den SINAI wieder zu besetzen, KEIN WORT in unseren Medien davon.

     

    Wenn es denn zur Eskalation kommt, wird man es wieder so darstellen, dass Israel von Ägypten provoviert wurde, denken Sie an meine Worte!

  • B
    Behauptungstattfakten

    Wer auch immer dahinter steckte, es kommt der rechten Regierung von Netanyahu zumindest nicht ungelegen, jetzt wieder auf die Kriegstrommeln zu schlagen, um von den massiven innerisraelischen Konflikten und Massenprotesten abzulenken (ein altbewährtes Mittel der Mächtigen, Kriege zu beginnen, um von innenpolitischen Spannungen abzulenken) und außerdem im Falle eines Bodenkrieges gegen den Gazastreifen die für September geplante palästinensische UN-Eingabe zu verhindern.

  • R
    rugero

    Die Standardreaktion Israels, nach jedem Vorfall blindwütig den Gaza-Streifen zu bombardieren und Zivilisten zu vernichten, ist nicht zielführend. Das Zerrbild, nachdem immer die Palestinenser Schuld sind und Israel sich nur verteidigt ist durch die Besatzungspolitik sowie Schreckensbilanz der letzten Jahre eindrucksvoll widerlegt.

     

    In Israel selber werden größere Veränderungen eingeklagt von einer Gesellschaft, die die einseitige Förderung von Orthodoxen und Siedlern satt hat und endlich in Frieden und Wohlstand leben möchte. Die Bürger kann man aber nicht einfach auch zusammenschießen. Wie sich die Proteste entwickeln ist unvorhersehbar.

     

    Wie sich in Zukunft die finanzielle Unterstützung der Schutzmacht USA gestaltet ist unklar, denn dort wird inzwischen das Geld für Militärabenteuer knapp.

     

    In allen Nachbarländern rumort es und niemand weiß heute wer da morgen auf welche Weise das sagen hat.

     

    Und durch diese fragile politische Landschaft trampelt die Regierung Netanyahu in gewohnt dumpfer selbstgerechter Art herum, als ob sie völlig unanfechtbar wäre. Israel schürt das Feuer, das es bedroht an vielen Stellen. Auf Dauer geht das nicht gut.

  • K
    khaled

    "Bei einem weiteren Anschlag zündete am Freitag ein Selbstmordattentäter an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten eine Sprengladung und riss mehrere ägyptische Soldaten in den Tod". Wann haben Sie diese Meldung erfunden?!! Ich korrigiere "Die ägyptischen Grenzsoldaten wurden von der israelischen Armee ermordet"

  • M
    maoam

    Oma,

     

    schlechte Propaganda. So kannst du nicht weitermachen....sonst bist du deinen Job los. Ein bisschen mehr solltest du dich schon anstrengen.

  • L
    lvm

    liebe oma kruse,

     

    ihre sichtweise halte ich leider für viel zu einfach! die gründe dafür sind vielfältig.

    einer der hauptgründe ist, israel gibt/gab land her, welches es nur besetzte und gleichzeitig verleibt es sich jedoch auch land ein(durch den immer weiter fortschreitenden siedlungsbau und weiterführende sicherungsmassnahmen der siedlungen und der israelischen grenze), welches ihm(dem staat israel) nicht gehört. somit ist der slogan land für frieden sehr zweideutig!

     

    interessant ist auch der sich immer rasanter vollziehende wandel im nahen osten, nordafrika und asien! im nahen osten und nordafrika liegt der (in seinen anfängen!) sozialistisch geprägte panarabische gedanke in seinen letzten atemzügen, die "letzte bastion" ist syrien und auch dort gerät die herrschende schicht zunehmend ins wanken. die ehemaligen despoten, die eine relative stabile situation garantierten, solange man keine schwerwiegenden aussenpolitischen fehler machte, wie zum bsp. die usa im bezug auf den irak/sadam hussein sind geschichte. niemand kann sagen was jetzt kommen wird, möglich sind:

     

    -eine "demokratisierung" nach westlichen vorbild, was allerdings aus meiner sicht eher ausgeschlossen ist

    -eine "demokratisierung" nach vorbild der jetzigen türkei, mit einem eher moderaten islam, wobei auch noch der weitere weg der türkei noch offen ist

    -eine "demokratisierung" nach pakistanischen vorbild, was einen stärkeren einfluss des radikalen islam bedeutet und eben wie auch in pakistan eine starke destabiliesierung nach sich zieht

    -eine "demokratisierung" nach iranischen vorbild

    -sogenannte failed staats nach der art somalias, gerade der libanon, syrien sind hier sehr heisse kandidaten dafür, aus meiner sicht

    -oder neue militärdiktaturen, nach altem muster

     

    bis auf die ersten beiden punkte und den letzten punkt, sind die optionen für israel nicht besonders rosig!

     

    zudem besteht durch den verschärfenden konflikt saudi arabien/ iran(sunniten/schiiten) das enorme risiko einer sich sehr schnell verschärfenden rüstungsspirale, die auch eine atomare aufrüstung nicht ausschliesst, beide staaten haben finaziell und technologisch die entsprechenden ressourcen. sollten diese beiden staaten sich atomar aufrüsten, würden andere staaten auch im nahen osten/nordafrika wohl nachziehen, mit ägypten wäre ein weiteres nachbarland israels ein heisser kandidat dafür und sollte sich in syrien die jetzt herrschende schicht durchsetzten ist auch dort das startzeichen für eine solche aufrüstung gesetzt, streng nach dem vorbild nordkoreas: ich habe die bombe haltet euch raus!

     

    die konsequenz einer solchen aufrüstung wäre geradezu fatal - in einer region, in der viel zu wenige versuchen die lunten zu löschen, die noch weniger anzünden und der grösste teil daneben steht und eher resigniert dem wirren treiben der radikalen aller beteiligten seiten zuschaut zuschaut.

  • OK
    Oma Kruse

    Die neuen Terroranschläge gegen Israel sind eine schwere Last auf dem Friedensprozess. Seit Camp David galt die Formel "Land gegen Frieden" als Königsweg: Israel gibt Land auf und bekommt im Gegenzug Frieden. Offensichtlich kann oder will aber Ägypten seinen Teil der Abmachung nicht mehr einhalten. Israel hat geliefert: Der Sinai ist heute ägyptisch, nun ist es an Ägypten seinen Teil des Abkommens einzuhalten.