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Nach Recherchereise vor Fukushima"Bewusst getäuscht"

Greenpeace beschuldigt Fukushima-Betreiber Tepco, bereits wenige Stunden nach dem Erdbeben von den Kernschmelzen gewusst zu haben. Verseuchung sei in Kauf genommen worden.

Greenpeace wendet sich mit der Studie auch an die Bundesregierung. Bild: dapd

HAMBURG afp/reuters/dpa | Der japanische Atomkonzern Tepco hat, so eine Greenpeace-Studie, bereits wenige Stunden nach dem Erdbeben vom 11. März von den Kernschmelzen in Fukushima gewusst.

Die japanische Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft seien bewusst getäuscht worden, erklärte Greenpeace am Donnerstag in Hamburg.

Innerhalb der ersten 24 Stunden des Unfalls habe Tepco direkten Zugang zu Daten gehabt, welche die rasch ansteigenden Temperaturen im Druckbehälter sowie eine Kernschmelze offensichtlich gemacht hätten. Die radioaktive Verseuchung der AKW-Beschäftigten, der Region um die Atomanlagen und des Meerwassers seien in Kauf genommen worden.

"Die Entscheidung, Meerwasser auf die Reaktoren zu schütten, geschah in dem vollen Bewusstsein, dass der Druckbehälter bereits gebrochen war", kritisierte Greenpeace.

"kritiklos verharmlosende Darstellungen übernommen"

Der deutschen Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) warfen die Umweltschützer vor, "kritiklos die verharmlosenden Darstellungen" übernommen zu haben. Neue Strahlenergebnisse, die 50-fach über den Grenzwerten lägen, weckten zudem "ernste Sorgen" über Risiken, die von radioaktivem Meereswasser ausgingen.

Anfang Mai war Greenpeace mit einem Schiff vor der Küste Fukushimas unterwegs. Dort sammelten Greenpeace-Experten zwei Wochen lang Proben. Teilweise sei die radioaktive Verseuchung von Meeresalgen so hoch gewesen, dass eine Messung nicht möglich war.

Verstrahlte Meeresfrüchte gefunden

Auch fand man verstrahlte Meeresfrüchte; bei 14 von 21 untersuchten Proben hätten die radioaktiven Partikel die gesetzlichen Grenzwerte für den Verzehr überschritten. Zu den analysierten Lebensmitteln gehörten Seetang und Krebstiere. Auch Fische, die in 22 bis 60 Kilometer Entfernung vom Atomkraftwerk gefangen wurden, seien untersucht worden.

Greenpeace übergab die Studie nach eigenen Angaben am Donnerstag der Ethikkommission, die am Samstag ihre Empfehlungen für den Atomausstieg an die Bundesregierung geben wird. Tepco hatte am Dienstag erstmals zugegeben, dass es im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi nicht nur in Reaktor 1, sondern auch in den Reaktoren 2 und 3 "sehr wahrscheinlich" zu Kernschmelzen gekommen sei. Zuvor hatte Japans Regierungschef Naoto Kan vor dem Parlament eingeräumt, die Bevölkerung wegen der ihm vorliegenden Tepco-Angaben "vollkommen falsch" über die Atomkatastrophe unterrichtet zu haben.

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2 Kommentare

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  • M
    Martin

    Ich glaube es war am 5 Tag nach dem Erdbeben, dass Tepco die Anlage ganz aufgeben und alle Arbeiter abziehen wollte. Der papanische Präsi hat dieses verhindert und Tepco gezwungen 50 Leute vor Ort zulassen.

     

    Zwei Tage später sagte der Präsi ( mit Tränen in den Augen ), dass sie das Land ( nicht die Region ! ) wieder aufbauen werden.

     

    1 + 1 = 2

     

    Hätte Tepco wirklich die Arbeiter abgezogen wäre alles klar gewesen. Dem entsprechend sehe ich die Verantwortung bei der Regierung.

    Aber mal ehrlich, was soll die machen ? Wenn jemand den Japandern sagen kann wie man 5-10 Millionen Menschen umsiedelt, wäre er wohl der neue Held von Japan.

    Wie es aussieht kommen die doch noch nicht mal mit 100.000 - 200.000 Obdachlosen klar.

    Aber wie auch ? Strom soll gespart werden und gleichzeitig müsste so einen Stadt wie z.B. Braunschweig aus den Boden gestampft werden. Dazu sind 20 % der Industrieanlagen platt und die Straßen im Norden nicht wirklich mehr benutzbar.

  • HG
    Harald Golle

    Ich habe die Betreiber UND Mitarbeiter von Atomkraftwerker bis heute nicht verstanden. Die leben doch auch auf unserer Erde und sie und deren Kinder müssen die Folgen mittragen. *kopfschüttel*