NSA-ABHÖRAFFÄRE ZEIGT: DER BUSH-REGIERUNG IST NICHT ZU TRAUEN : Schnüffeleien gegen Normalo-Bürger
Die Liste der Lügen des Weißen Hauses wird immer länger. Und immer mehr Bürger fragen sich, welche Schnüffeleien im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ eigentlich noch stattfinden. Hatte Präsident George W. Bush nicht erst im vergangenen Dezember versichert, das Anzapfen internationaler E-Mails und Telefonate durch die US-Regierung sei eine Al-Qaida-spezifische Abhörmaßnahme, von der kein Normalo-Bürger betroffen sei? Nun, keine fünf Monate später, stellt sich das Gegenteil heraus – und selbst dem gutgläubigsten US-Bürger sollten Zweifel an den Maßnahmen des Präsidenten kommen.
Der Nationale Sicherheitsdienst NSA soll die Telefonverbindungen von mehreren zehn Millionen US-Bürgern gespeichert haben, um herausfinden zu können, wer wen anruft. Selbst in einem Land wie den USA, in dem es nur schwachen persönlichen Datenschutz gibt, erschreckt die Tatsache, dass drei der größten Telefongesellschaften seit dem 11. September willig ihre gesamten Kundendaten der Regierung aushändigen – ohne dass darüber jemals im Kongress debattiert worden wäre.
Schon der im Dezember enthüllte Lauschangriff hatte die leider machtlose Opposition in Rage gebracht. Was nun ans Tageslicht kommt, kann eigentlich nur noch sprachlos machen. Der Präsident, der weiterhin darauf besteht, die Macht – als Commander-in-Chief und im Namen des Krieges gegen den Terror – zu solchen Lauschereien zu haben, behauptet, dies sei alles im grünen Bereich. Dabei kann selbst in den USA kein Kriminalermittler einfach an private Telefondaten gelangen, wenn er nicht eine richterliche Erlaubnis dazu hat. Ein merkwürdiges Demokratieverständnis hat das Weiße Haus, möchte man meinen. Zumal es zur religiös vor sich her getragenen Grundüberzeugung der herrschenden Republikaner gehört, dass nur wenig Staat ein guter Staat ist.
Amerikas Bürger haben nun allen Grund, sich zu fragen: What’s next? Kommt etwa noch heraus, dass die US-Regierung längt E-Mails mitliest und Briefe öffnet? Etwa auch im Ausland? Die Lehre daraus sollte jedenfalls sein, dass dem Staat nie zu trauen ist. Erst recht nicht in Zeiten des Antiterrorkampfs. ADRIENNE WOLTERSDORF