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Archiv-Artikel

NPD in Bremen Nach dem gescheiterten Verbotsantrag

Pfeifen im Walde

Von ksc

„Wir haben immer nachgehakt, damit Bremen bei einer Pleite nicht ins Gerede kommt“, sagte Hermann Kleen, innenpolitischer Sprecher der SPD. Kleen, im parlamentarischen Kontrollausschuss des Verfassungsschutzes, beteuerte, dass es wohl kaum an Bremer Material gelegen haben dürfte, das gestern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den NPD-Verbotsantrag kassierte. Kleen: „Vom Verfassungsschutz und vom Innenressort ist uns das versichert worden.“

Rund 60 NPD-Neonazis in Bremen

Wenn es nur um die Bremer V-Leute in der NPD gegangen wäre, wäre das Verbotsverfahren gegen die Rechtsextremen weitergegangen – das betonte auch Walter Wilhelm, der Chef des Bremer Landesamtes für Verfassungsschutz (VS). Über die Karlsruher Entscheidung, das Verfahren gegen die NPD einzustellen, weil im Beweismaterial Aussagen von V-Leuten verwendet wurden, konnte indes auch in Bremen kaum jemand froh sein – außer den rund 60 NPD-Neonazis, die der VS hier ausgemacht haben will.

Dennoch wollte niemand Richterschelte betreiben. „Ich bedauere das Scheitern“, sagte Innensenator Kuno Böse (CDU). Bremen hatte via Bundesrat den Verbotsantrag unterstützt und seine Kenntnisse zum Verfahren beigesteuert. Die Entscheidung aus Karlsruhe bedeute letztlich eine „ungewollte Stärkung der rechtsextremen Szene“. Dennoch werde der Bremer Verfassungsschutz die Neonazi-Szene weiter beobachten. Böse ist jedoch eins noch wichtiger: „Wir müssen weiter die politische Auseinandersetzung mit der NPD suchen“.

„Ich beobachte auch Gruppen, die nur aus fünf Mann bestehen“, sagte Verfassungsschützer Wilhelm. Bei rechtsextremen Umtrieben liege „Bremen sicher nicht in vorderster Front“. Auch, dass die Rechten durch das Urteil vielleicht Auftrieb erhielten, lässt Wilhelm kalt: „Soll‘n se doch – das ist eh nur ein Pfeifen im Walde.“ Die Gefahr durch Neonazis sei in Bremen derzeit gering. Im Jahr 2001 stellten die Bremer Spione 230 DVU- sowie „höchstens 20“ Mitglieder der Republikaner und Splittergruppen fest. Im Umland sieht das anders aus: In Niedersachsen stieg die Mitgliederzahl im Jahr 2001 von 450 auf 500 an. In Bremen kümmert sich der personell wie haushaltsmäßig aufgestockte Verfassungsschutz laut Wilhelm derzeit vorranging um Terrorgefahren.

Der BVG-Wink mit dem Zaunpfahl

Ob das 50-Mann-Trüppchen auch dazu überhaupt in der Lage ist, fragt sich Matthias Güldner, innenpolitischer Sprecher der Grünen. Er forderte eine Neuorganisation der Bremer Spione. Das Gericht habe mit dem Urteil einen „Wink mit dem Zaunpfahl“ gegeben, die Landesverfassungsämter umzuorganisieren, meint Güldner.

Das hiesige Landesamt hat laut Beobachtern kaum Kapazitäten, die in der Lage wären, gewonnene Kenntnisse angemessen auszuwerten. Die Bediensteten hätten Beamtenmentalität, meist keine akademische Ausbildung. Zwar sei in Bremen nach den Anschlägen des 11. September 2001 der VS-Etat um rund das Doppelte gestiegen. „Aber“, so Güldner, „Erfolge haben wir nicht gesehen.“ ksc