NORDKOREA: DIE US-NEOKONSERVATIVEN STECKEN IN DER SACKGASSE : Erst der Krieg, dann die Reformen
Zweifellos handelt es sich in Nordkorea um ein diktatorisches Regime, das sich mit schrillen und menschenverachtenden Methoden behauptet. Doch gibt das den USA das Recht, sich einen militärischen Angriff auf Nordkorea mit unkalkulierbaren Risiken vorzubehalten? Oder sollte nicht eher versucht werden, friedlich einen Wandel in Nordkorea herbeizuführen, der zunächst auf eine Anhebung des niedrigen Lebensstandards zielt und erst später auf politische Reformen?
Kim Jong Il hält die Welt mit seiner geheimnisvollen Atompolitik in Atem. Er hält sie offenbar für die größte Garantie gegen einen US-Angriff und außerdem für ein Mittel, sich international Unterstützung zu ertrotzen. Die Regierung von George W. Bush hat darauf bisher keine Antwort gefunden. Weder ist Nordkoreas Regime kollabiert noch die Welt sicherer geworden, noch wurde den Menschen in Nordkorea irgendwie geholfen.
Die Bush-Regierung hat wiederholt gezeigt, dass sie einen regime change in Pjöngjang wünscht und alles unterlassen will, um Kims Regime zu stützen. Der verlangt von den internationalen Verhandlungen genau das: einen Friedensvertrag, in dem die USA verbindlich auf den Einsatz kriegerischer Mittel verzichten und damit indirekt den Fortbestand seines Regimes garantieren. Das war Pjöngjang schon einmal von Bushs Vorgänger Bill Clinton im Tausch für einen Verzicht auf das Urananreicherungsprogramm in Aussicht gestellt worden. Doch die Anerkennung Nordkoreas blockierten die Republikaner im US-Kongress, die nach Bushs Machtantritt die feindliche Rhetorik verschärften und die Zusammenarbeit torpedierten.
Für die US-Neokonservativen bleibt Nordkorea ein rotes Tuch. Doch ihre ideologisch motivierte Politik hat bisher nur dazu geführt, Nordkoreas Misstrauen und sein Atomprogramm anzuheizen. Um Nordkorea Zugeständnisse abzuhandeln, wird Washington sich bewegen müssen. Unverbindliche Erklärungen, die tags darauf von feindlicher Rhetorik à la „Achse des Bösen“ oder „Außenposten der Tyrannei“ konterkariert werden, reichen dazu sicher nicht. SVEN HANSEN