: Mythos Wechseljahre
■ betr.: „Mit Hormonen fit fürs Al ter“, taz vom 18. 11. 96
Es ist durchaus zutreffend, wenn die Autorin die Begeisterung in der Gynäkologie für die Hormontherapie in den Wechseljahren als „Hormon-Hysterie“ bezeichnet. Frauen in der entsprechenden Altersgruppe können ein Lied davon singen. Wir erfahren ständig von unseren Besucherinnen, daß sie in den Praxen unter Druck gesetzt werden, sie „müßten“ Hormone nehmen. Dies ist um so erschreckender, als die wissenschaftlichen Studien im Hinblick auf die Risiken ja tatsächlich widersprüchlich sind. Nicht nur die Erhöhung der Brustkrebsrate ist in der Debatte, sondern auch ein deutlich erhöhtes Thromboserisiko, das erst kürzlich untersucht wurde („arzneitelegramm“ 11/96). Die Pille in den Wechseljahren zu verordnen, wie es in dem Artikel erwähnt wird, ist von daher völlig abwegig und riskant. Auch handelt es sich bei der Hormontherapie nicht um „natürliche Hormone“, sondern um künstlich hergestellte. Sie werden teilweise aus Stutenharn unter tierquälerischen Bedingungen gewonnen.
„Natürlicherweise“ sind sie bei Frauen in und nach den Wechseljahren zumindest in der Höhe und Zusammensetzung nicht vorhanden.
Trotz ihrer kritischen Grundeinstellung strickt die Autorin leider selber ein wenig an dem Mythos der Wechseljahre als prinzipiell schrecklicher Zeit für Frauen. Tatsächlich klagen nur zirka ein Drittel aller Frauen über starke Beschwerden in dieser Zeit, die sich häufig aber sehr gut durch naturheilkundliche und Selbsthilfemethoden beeinflußen lassen (nachzulesen zum Beispiel in unserer Broschüre „Wechseljahre – eine Broschüre zur Selbsthilfe“, zu bestellen über Tel. 030/213 95 97 oder über den Buchhandel). Auch Osteoporose läßt sich über andere Methoden als Hormone verhindern.
Übrigens: Reizbarkeit und Aggressivität sind keine „typischen Beschwerden der Wechseljahre“. Sonst müßte man wohl davon ausgehen, daß sich einige Männer lebenslang in diesem Zustand befinden. Frauen haben dagegen meist gute Gründe, wenn sie aggressiv werden. Und manchmal braucht es eben ein halbes Leben, um endlich mal aus der Haut zu fahren. Regina Stolzenberg,
Feministisches Frauen
Gesundheits Zentrum Berlin
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