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Muslime verbannen dänische WarenKein Frischkäse wegen Mohammed

Erneut boykottieren muslimische Länder dänische Waren - wegen der Prophetenkarikatur. Die Kaufverweigerung könnte diesmal lange anhalten.

"Keine dänischen Produkte" verkündet ein Schild im jordanischen Supermarkt. Bild: rtr

STOCKHOLM taz | Supermarktketten von Jordanien bis nach Bahrain haben dänische Waren schon aus den Regalen geräumt. Im Sudan hat das Handelsministerium einen offiziellen Boykott verkündet und im pakistanischen Lahore die dortige Handelskammer zu einem solchen aufgerufen.

Die weltweiten Proteste gegen den erneuten Abdruck einer Mohammed-Karikatur in dänischen Zeitungen waren zwar nicht annähernd so umfassend und gewaltsam wie vor zwei Jahren. Doch der Warenboykott könnte Dänemark diesmal noch empfindlicher treffen als damals, befürchtet man nun in Kopenhagen. Denn die immer mehr um sich greifende Boykottbewegung, die die dänischen Niederlassungen an ihre Heimatzentralen melden, scheinen einen anderen Charakter zu haben: Weniger von oben verordnet, sondern mehr ein regelrechter Verbraucherboykott.

"Es ist ein ganz anderer Typ von Kaufzurückhaltung", berichtet Astrid Gade Nielsen, Kommunikationschefin des Molkereikonzerns Arla: "Und wir haben den Eindruck, dass es diesmal eine lange Zeit dauern kann." Nur wenige Wochen vor dem erneuten Karikaturabdruck hatte Arla gemeldet, dass man dabei sei, die Folgen der Karikaturenunruhen vom Frühjahr 2006 endgültig zu überwinden. Die Verkaufszahlen in den muslimischen Ländern hätten sich langsam, aber stetig erholt, und man sei nahezu wieder auf den Umsatzzahlen aus Vorboykottzeiten. Diese Normalisierung war nicht von Dauer. Nun wird Arla-Butter und -Käse wieder aus dem Sortiment genommen. Mit der Folge, dass es bereits erste Produktionseinschränkungen und Kündigungen gab. Eksportråd, die Exportorganisation der dänischen Wirtschaft, spricht von etlichen, die unter Hinweis auf die Karikaturen sicher geglaubte Aufträge verloren hätten.

Beim Außenministerium in Kopenhagen glaubt man diesmal einen "eigentlichen" Verbraucherboykott zu erkennen, der nicht von politischen oder religiösen Führungspersönlichkeiten betrieben wird. Und gegen den deshalb auch nicht wie vor zwei Jahren diplomatischer und politischer Einsatz helfen könne. "Es ist diese Wiederholung, welche den Boykott durchgreifender und langwieriger machen könnte als beim ersten Mal", zitierte am Wochenende die Kopenhagener Tageszeitung Politiken den saudischen Journalisten Khaled Batarfi: "Hier in der Region herrscht nun der Eindruck, dass Dänemark ganz systematisch den Propheten verunglimpfen will. Und dass die gesamte dortige Gesellschaft so etwas wie ein Feind der muslimischen Welt geworden ist. So ähnlich wie Israel und die USA."

Mohammad Obaidat, Präsident der Verbraucherorganisation Arab Federation for Consumers, kündigte an, dass man auf Supermärkte wie in Jordanien, Ägypten, Palästina und Libanon einwirken werde, dänische Waren zu boykottieren: "Wir finden uns mit dieser Behandlung nicht mehr ab. Religion ist heilig."

REINHARD WOLFF

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9 Kommentare

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  • TB
    Tiqvah Bat Shalom

    Wie sehr sind die Muslime so sehr kollektiv beleidigt dass sogar eine des fortschrittlichsten islamischen Land solches geschieht? Natürlich will ich keine GegenKarikaturen wobei die Jordanier Juden in schlimmste Art beleidigen zeigen, da so viel Ehre will ich ihnen nicht zukommen lassen, doch wollte nur zeigen wie sogar die ?Modernsten? reagieren.

     

    Selbstverständlich muss man eben auch nicht alles glauben was ihre ?Westlich orientiert?-heit angeht, wie auch nicht wegen der ?Friedensvertrag? mit Israel, da die solche Schielder vor ihre Geschäfte stellen wie : ?Hunden und Juden betreten verboten?, da sehe ich nicht friedliches hinter d Vertrag!

     

     

    Tiqvah Bat Shalom

  • AR
    Andrea Rudolphi

    Warum Mohammed ? Warum nicht Benedict ?

     

    Einigermaßen erschrocken über die teilweise vehementen Reaktionen. Teile P. Gabriels Meinung

    und lächle über Shrikes hart erkämpfte europäische Meinungsfreiheit. Wir sind die besseren schallt es

    aus dem einen oder anderen Beitrag.

    Aber was ist denn nun der Sinn dieser blutleeren Provokation ? Die Zeichnung ist dumm und sowohl der Zeichner als auch die Zeitung handelten in diesem wdh. Fall sensationell unverantwortlich und skrupellos:Ein paar Strichlein sind geeignet, dämliche Dänen zu Staatsfeinden zu erklären.

    Mohammed-Karikaturen können NOCH teurer kommen?

    Krieg ist ein schmutziges Geschäft, aber einträglich. Frei nach George Dabbeljuh :Hast Du keinen, bau Dir einen. Übrigens, ich, als Herrscher, wäre blaß vor Neid angesichts der

    heißblütigen Gefolgschaft, die die Mullahs aufs Tapet bringen. Sie lassen sich so gar nicht

    unterordnen, sie sind gefährlich !!!(Auftritt Schäuble usw.)

    Übrigens: Salvador Allende wurde mithilfe von "aufgeklärten" Studenten gestürzt (die sagten auch nur ihre Meinung...)

    Und: Was ist so toll an Benedict ?

  • S
    Shrike

    @Peter Gabriel:

     

    In gewisser Weise waren die Karikaturen in der Tat überflüssig. Aber wo kämen wir hin, wenn plötzlich jeder die Zensur von ungeliebten Meinungen fordern könnte mit der Begründung, sie wären überflüssig ?

     

    Also ich finde Ihren Kommentar auch überflüssig, ich meine es ginge ja auch ohne ihn und unlustig ist er auch und außerdem respektlos gegenüber der (nicht von Ihnen) hart erkämpften europäischen Meinungsfreiheit.

    Bitte schweigen Sie, ich bin beleidigt !

     

    @Ayhan:

    Keine Sorge, der Westen wird früh genug vom Öl unabhängig, es geht wirtschaftlich in ein paar Jahrzehnten ohnehin gar nicht mehr anders.

     

    Das der Westen ohne Zuwanderer aus islamischen Ländern untergeht bezweifele ich allerdings ernsthaft.

  • EI
    Ein interessierter Mitbürger

    Warenboykott kann nur mit Warenboykott beantwortet werden - ein altes Gesetz der Diplomatie. Das dürfte allseits nicht schwer zu ertragen sein. Materieller Wohlstand hat für Gläubige aller Religionen sicher nur untergeordnete Bedeutung.

  • F
    Frank

    @Ayhan:

     

    Der Westen hat sich unabhängig vom Islam entwickelt, und er wird auch weiterhin existieren nachdem der letzte Moslem aus der zumindest halbwegs zivilisierten Welt verschwunden ist.

    Ausserdem sind es ja nicht die muslimischen Bevölkerungsgruppen, die zum Wohlstand ihrer Gastländer beitragen, ganz im Gegenteil. Die Unfähigkeit zur Anpassung an Europa und das 21. Jahrhundert kann man nicht nur bei unseren anatolischen Mitbürgern in Deutschland beobachten, sondern auch bei den Nordafrikanern in Frankreich oder den Pakistanis in in GB.

  • A
    Ayhan

    Richtig es ist, endlich Zeit Islamisches Öl zu boykotieren und allen, die aus den islamischen Ländern nach Westen wollen, kein Visum zu erteilen.

    Dann schauen wir mal, wie lange Westen existieren wird.

    Damit wird dann endlich bewiesen, dass der Westen nicht alleine auf dieser Erde ist.

  • PG
    Peter Gabriel

    Die Karrikaturen waren völlig unlustig, überflüssig und respektlos.

    Eine Wiederholung machte sie nicht besser.

    Die wirtschaftlichen Sanktionen hat sich Dänemark mehr als verdient.

  • M
    mehrdad

    der gesunde menschenverstand würde jetzt der EU raten, alle finanzhilfen an länder, die waren aus einem EU-land baykotiert werden, einzustellen. ferner sollte die EU sanktionen gegen solche länder erlassen.

     

    ob eine rückständige bande religiöser fanatiker oder der moderne westen, der der islamischen welt in sachen freiheit, wirtschaft und wissenschaft um lichtjahre vorraus ist, kann jeder für sich selbst beantworten.

     

    erstaunlicherweise stehen menschen vor den westlichen botschaften schlange und wollen hierher, während vor den botschaften der oasen der freiheit iran, saudi-arabien, ägypten, pakistan....im westen tote hose herrscht.

     

    aber ich bin mir sicher, dass die schwache EU mal wieder kneifen wird. ich bin mir sicher, dass irgendein regierungschef sich wieder bei der selbstkritik-und kritikresistente islamischen welt für kritik entschuldigen wird und, dass die EU (auch dänemark) fleissig und brav millionen wirtschaftshilfe an palästinenser, jordanien, ägypten, pakistan...überweisen wird.

  • BS
    Berthold Sonnemann

    Höchste Zeit, dass die Europäer anfangen, islamistisches Erdöl zu boykottieren. Das wäre kein Problem, wenn die heutigen Ingenieure so innovativ wären wie Carl Benz oder wenn sich weniger Leute tagtäglich in die Verkehrstaus stellen oder wenn...

     

    Auf jeden Fall gebührt der dänischen Presse Solidarität, auch durch die taz!