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Archiv-Artikel

Mpfdada auf dem roten Teppich

Der Weltfußballverband Fifa logiert in München und feiert vor allem sich selbst – dafür aber sehr ausgiebig

MÜNCHEN taz ■ Es ist nicht viel los im Olympiapark an diesem Mittwochabend. Die Münchner Polizei patrouilliert in ihren neuen blauen Sommeruniformen, ohne wirklich viel zu tun zu haben. Vor dem als WM-Arena ausgemusterten Olympiastadion sind allerlei Buden aufgebaut. Auf der Riesenleinwand flimmert noch nichts. Das offizielle Fanfest im Olympiapark hat zwar schon am Dienstag begonnen, aber gefeiert wird noch nicht. Wer ganz genau hinhört, kann die Blasmusik hören, deren „Mpfdada“ durch die Notausgänge der Olympiahalle ins Freie dringt. Ein roter Teppich ist ausgerollt. Doch über den schreitet niemand. Der Weltfußballverband Fifa hatte geladen. Die Delegierten und Gäste des Fifa-Kongresses dinierten in der Olympiahalle. Um dort hineinzugelangen, haben die Funktionäre einen von wuchtigen Männern mit wichtigen Walkie-Talkies bewachten Nebeneingang benutzt.

In den Tagen vor dem Eröffnungsspiel gibt es zahlreiche solcher Szenen in München. Seit Montag ist die von ihren Präsidenten immer wieder so bezeichnete „Fußballfamilie“ zu Gast in der Stadt. Die Fifa-Oberen haben ihre Auftritte reichlich staatsmännisch inszeniert. Sepp Blatter, der Präsident, logiert in Münchens Vorzeigeabsteige Bayerischer Hof. Die betritt und verlässt er, ohne dass man ihn zu Gesicht bekommen kann. Die Polizei ist zwar auch immer da, wo Blatter ist. Da der aber kein Staatsgast ist, kümmern sich vor allem private Sicherheitsdienste um ihn.

Gestern Morgen machte sich der Fifa-Tross wie schon am Vortag auf den Weg in den Osten der Stadt, wo der Kongress abgehalten wurde. Vor dem Bayerischen Hof und anderen Hotels der Stadt fuhren Autos koreanischer Herkunft vor und sammelten die Herrschaften ein, die von Ministerpräsident Edmund Stoiber tags zuvor als „Exzellenzen“ begrüßt worden waren, um sie vor dem Kongresszentrum wieder auszuspucken. Dort standen sie wieder, jene Männer mit den breiten Schultern und den Walkie-Talkies. Nur eine ausgewählte Schar von Journalisten durfte dem Kongress beiwohnen. Zaungäste und Pressevertreter mit einer gewöhnlichen WM-Akkreditierung wurden wieder nach Hause geschickt.

Der Pflichtteil der Veranstaltungswoche begann. Die neuen Doping-Regelungen wurden abgesegnet, die Einsetzung einer Ethikkommission und Maßnahmen im Kampf gegen Korruption beschlossen. „Es gibt viele, die meinen, es geht uns immer nur um Geld, Geld, Geld“, beklagte sich Menschen- und Fußballfreund Blatter und ließ sich beklatschen. Er wird München so schnell nicht vergessen. „Wir hatten gestern eine fantastische Feier“, sagte er und meinte das Bankett in der Olympiahalle am Vorabend. Dort haben sich die Fußballfunktionäre an der Seite von 109 eingeladenen Weltmeisterspielern gut gehen lassen. Nun bedankte sich Blatter noch bei Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, weil der den Fifa-Tross gestern zum Abendessen in die Schrannenhalle im Herzen Münchens eingeladen hat. Dann musste gearbeitet werden. Die Anwesenheit der Mitglieder wurde überprüft, die Funktionsfähigkeit der Abstimmungsanlage. Aus dem Staatsapparat Fifa wurde ein biederer Verein.

Bis zum Abend in der Schrannenhalle. Sebastian Irlinger beneidet niemanden, der da hingegangen ist. Der lederbehoste Urbayer spielt Gitarre bei der Volksmusikkombo Watzmanna aus dem Berchtesgadener Land und war in der Olympiahalle am Mittwoch für die Begleitmusik mitverantwortlich. Auf die Frage, wie es war, antwortet er: „Bei den alten Männern? – Fad.“ Das ist bayrisch und bedeutet so viel wie: stinklangweilig.

ANDREAS RÜTTENAUER