Mobbing in der ARD: Die Sekretärsgeneralin
Für gewöhnlich werden Konflikte zwischen ARD-Oberen still ausgetragen. Doch nun erschüttert die Mobbingklage von Generalsekretärin Wiedemann den Sender.
BERLIN taz | Die ARD ist ein komplexes Gebilde aus neun Landesrundfunkanstalten, den dazugehörigen Verwaltungsapparaten und jeder Menge gesunder Egos. Dabei kommt so mancheR unter die Räder, doch selten wird es so laut wie im aktuellen Fall: Die ARD-Generalsekretärin Verena Wiedemann (52) klagt wegen massiven Mobbings gegen die IntendantInnen des Senderverbunds. Unter dem Aktenzeichen 59 Ca 1881/11 verhandelt das Berliner Arbeitsgericht - und die ARD steht Kopf.
Wiedemanns Anwalt spricht laut Frankfurter Rundschau von "Ausgrenzung, Diskriminierung und Missachtung" seiner Mandantin, die daran psychisch erkrankt sei und sich in medizinischer Behandlung befinde. Die ARD weist die Vorwürfe ihrer Generalsekretärin "aufs Entschiedenste" zurück: "Ihre Behauptungen einer Ausgrenzung, Diskriminierung und Missachtung sind für die ARD nicht nachvollziehbar und aus der Luft gegriffen", heißt es in einer Stellungnahme.
Das mag aus ARD-Sicht stimmen. Doch die Luft war zwischen den Anstalten und Verena Wiedemann praktisch vom Start weg dick. 2006 wurde das Generalsekretariat gegen den Willen vieler ARD-Hierarchen von den beiden damals (über-)mächtigen Intendanten des WDR, Fritz Pleitgen, und des NDR, Jobst Plog, erfunden. Es sollte die ARD-Politik koordinieren und den ARD-Vorsitz unterstützen. Pleitgen und Plog holten für den Posten die Medienrechtlerin Wiedemann, die bislang für das ARD-Verbindungsbüro bei der EU Politik machte, von Brüssel nach Berlin. Doch welche Kompetenzen das Generalsekretariat und seine Chefin wirklich haben sollten, war von Anfang an so umstritten wie unklar. Während sich Wiedemann als General sah - und sich vom Rang her den IntendantInnen ebenbürtig fühlte - blieb sie für viele die Sekretärin mit besonders drögen Aufgaben.
Der Konflikt schwelte seit Langem - jetzt holt die ARD ihr hausgemachter Konstruktionsfehler ein. Denn Wiedemann, deren Vertrag bis zum 30. Juni 2011 läuft, einfach loszuwerden erwies sich als schwierig: Die Topjuristin hatte gut verhandelt, eine Vertragsauflösung käme die ARD teuer zu stehen, hieß es schon 2008 intern. Sie sei einfach die falsche Frau für den Job, zu spröde, undiplomatisch, angriffslustig, klagte man in den ARD-Intendanzen. Wiedemann selbst wirft den Intendanten jetzt vor, ihr mit der Zeit immer mehr Aufgaben vertragswidrig entzogen zu haben, berichtet die Frankfurter Rundschau von einem ersten Arbeitsgerichtstermin.
Stimmt nicht, heißt es bei der ARD. Die fraglichen Stellen seien nachbesetzt worden, und Wiedemann wisse bereits seit vergangenem Sommer, dass die ARD "den Dienstvertrag mit ihr vertragsgemäß über den 30. Juni 2011 hinaus fortsetzen" wolle. Nun wird das Arbeitsgericht entscheiden. Wann der Prozess fortgesetzt wird, ist derzeit noch unklar.
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