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Archiv-Artikel

Mitnahme-Mentalität

betr.: Diskussion um die Äußerungen Bundeskanzler Gerhard Schröders

Was heißt hier „Mitnahme-Mentalität“? Kann man es denn Bürgern und Unternehmern in einer Marktwirtschaft zum Vorwurf machen, wenn sie ökonomisch handeln, das heißt mit geringstmöglichem Aufwand den maximal möglichen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen versuchen? Jeder, der haushalten muss, müsste sich doch Unfähigkeit vorwerfen lassen, würde er nicht so handeln!

Es liegt an der Politik, die Spielregeln so zu definieren, dass unsere Marktwirtschaft sich auch „sozial“ nennen darf. Möglich wäre dieser soziale Ausgleich beispielsweise durch eine entsprechende Steuergesetzgebung: eine steuerliche Entlastung derjenigen Betriebe bzw. Unternehmen, die in Relation zu ihrem Umsatz einen höheren Anteil an Sozialversicherungsbeiträgen abführen gegenüber denen, die mit wenigen (oder vielen schlecht bezahlten) Beschäftigen höhere Umsätze und Gewinne erzielen. Wenn die Politik die Unternehmen vor die Alternative stellen würde: entweder mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder mehr Steuern zahlen (das heißt nicht Lohnsubvention!), dann wäre mehr Beschäftigung auch ökonomisch. Und bei Vollbeschäftigung bräuchte niemand mehr „Mitnahme-Mentalität“ zu fürchten. E. R. KOPKA, Lautzkirchen

Die Debatte um den „Mitnahmeeffekt“ trifft genau auf die und passt auffallend gut zusammen mit der jetzt angelaufenen, siebenjährigen Berliner Flick-Ausstellung im Hamburger Bahnhof, nämlich dem „Mitnahmeeffekt“ sowohl der damaligen deutschen und internationalen Konzerne und Unternehmen als auch der heutigen deutschen und internationalen Konzerne und Unternehmen.

Der „Mitnahmeeffekt“ durch heutige Unternehmer und Konzernmanager (Subventionierung durch Steuermittel der breiten Schicht der ArbeitnehmerInnen, des Arbeitslosenministeriums sowie reichlich fließende Fördermittel des BMFT und Wirtschaftsministeriums) ist im Verhältnis bestimmt mindestens zehnmal so hoch wie der beklagte, populistisch in die Medien gesetzte „Mitnahmeeffekt“ durch die von allen Seiten unerträglich Jahr für Jahr beschimpften, diskriminierten und gedemütigten Arbeitslosen und die gering oder besser bezahlten ArbeitnehmerInnen des Wirtschaftslebens (Subventionierung durch Steuermittel des Arbeitslosenministeriums). […]

GERDA FÜRCH, Berlin