■ Mit der Weltbank auf du und du: Geradezu revolutionär
Berlin (taz) – Auf der morgen beginnenden Jahrestagung von IWF und Weltbank könnte für die höchstverschuldeten Entwicklungsländer ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Eine Weltbank-Arbeitsgruppe hat kürzlich einen Vorschlag präsentiert, wonach zur Entschuldung der 40 ärmsten Länder ein Fonds mit elf Milliarden US-Dollar eingerichtet werden soll. Dieser Fonds würde dann die Zahlungsverpflichtungen gegenüber multilateralen Institutionen wie Weltbank und IWF übernehmen.
Der Vorschlag wurde von zahlreichen NGOs als geradezu revolutionär gewertet, weil darin zum ersten Mal überhaupt die Last der Verschuldung bei internationalen Organisationen als lösungsbedürftiges Problem anerkannt wird. Während bilaterale Schulden von den Gläubigerstaaten zum Teil schon erlassen beziehungsweise in langfristige, zinsbegünstigte oder gar zinsfreie Darlehen umgewandelt wurden, war das Thema bei IWF und Weltbank bisher tabu. Inzwischen fließt bei den vor allem in Afrika gelegenen Ländern mit niedrigem Einkommen über die Hälfte der Schuldenzahlungen an die multilateralen Institutionen, die bei allen Zins- und Rückzahlungen zuerst bedient werden müssen.
Die Gruppe WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung) kritisiert den aktuellen Weltbank-Vorschlag allerdings als unzureichend. Vorstandsmitglied Rainer Falk weist darauf hin, daß der neue Plan mitnichten eine Schuldenstreichung vorsieht. Weltbank und IWF verzichten auf keinen Cent; die Zahlungsverpflichtungen werden lediglich durch den Fonds übernommen. WEED warnt auch, daß die erforderlichen Finanzmittel für den Fonds in Höhe von elf Milliarden Dollar zu Lasten der bisherigen staatlichen Entwicklungshilfe gehen könnten.
Zwar ergebe sich durch die Einrichtung des Fonds eine wesentliche Erleichterung für die betreffenden Länder. Doch von den 40 ärmsten Ländern dürften nach Schätzungen der Weltbank-Arbeitsgruppe maximal 24 überhaupt in den Genuß der Fondsleistungen kommen. Auf die Konditionalität verzichten Weltbank und IWF ebenfalls nicht. Da aber so manche Kandidaten den harten Bedingungen für eine wirtschaftliche Strukturanpassung wohl nicht gerecht werden, reduziert sich die Zahl der begünstigten Länder weiter. Als erste Kandidaten für den neuen Fonds gelten einstweilen Bolivien, Guinea- Bissau, Nicaragua und Uganda.
Doch noch ist keineswegs sicher, ob es den Fonds jemals geben wird. Denn der Hauptakteur stellt sich quer: der IWF. Nicola Liebert
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