piwik no script img

■ Mit der Photovoltaik auf du und duDaimler solar

Stuttgart (taz) – Eigentlich hatte man in Stuttgart die Entscheidung für das spektakuläre Solarprogramm frühestens in zwei Wochen erwartet. Am vergangenen Mittwoch jedoch hieß es, auf dem Dach des neuen Motorenwerkes von Mercedes in Stuttgart-Bad Canstatt soll Ende 1996 die größte photovoltaische Solaranlage Europas in Betrieb gehen – mit einer Gesamtinvestition in Höhe von 800 Millionen Mark.

Ein Erfolg nicht nur für die Forschungsabteilung von Daimler-Benz, sondern auch von Beschäftigten wie Betriebsrat Gert Ratgeb, der sich vehement für das Solardach eingesetzt hat. Zwar hat sich Mercedes-Chef Helmut Werner nun für die knapp sechs Millionen Mark teure billigere Variante entschieden. Doch mehr hat kaum jemand in den Arbeitsgruppen unter der Leitung von Gerhard Isenberg erwartet. Aus diesem Grund hat Isenberg auch die 435-Kilowatt-Variante empfohlen. Isenberg hofft, daß in wenigen Jahren die neue Photovoltaik-Generation auf den Markt kommt, die dann auf den noch freien Dächern montiert werden könnte.

Das neue Motorenwerk wird pro Jahr etwa den Stromverbrauch von 16.000 Haushalten schlucken. Mit der jetzt beschlossenen Solaranlage wird man knapp zwei Prozent des Bedarfs decken. Ein bescheidener Beitrag, der nach Berechnungen von Daimler den CO2- Ausstoß um rund 340 Tonnen im Jahr vermindert. Immerhin ein „unübersehbarer bundesweiter Marketingschritt für die konzerneigene Photovoltaikproduktion“, meint Hermann Scheer von Eurosolar. Auch die Pressestelle von Mercedes spricht von einem „schönen Synergie-Effekt“, denn Mercedes wird die Photovoltaikanlage bei einer eigenen Firma bestellen, die aus der AEG hervorging und bei der Rüstungstochter Dasa gelandet ist.

Pech nur für Dasa-Chef Jürgen Schrempp, daß er sich ausgerechnet um dieses zarte Pflänzchen nicht gekümmert hat, in dem seit Jahrzehnten Pioniere der Solartechnik arbeiten. Im Gegenteil: Er ließ Personal abbauen, und zeitweise stand die Schließung des Heilbronner Werks zur Debatte. Inzwischen hat er 50 Prozent der Anteile an dem Atom-Multi RWE beziehungsweise dessen Skandal-Tochter Nukem verkauft. Die Firma heißt jetzt ASE (Angewandte Solarenergie) und beschäftigt bei einem Jahresumsatz von etwa 60 Millionen Mark noch 200 Leute. Nach Angaben von Dasa ist die Zusammenlegung der Photovoltaikbereiche von Dasa und Nukem die wesentliche Voraussetzung für eine Ausdehnung der Geschäftstätigkeit. Hermann G. Abmayr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen