■ Mit der Energiekennzahl auf du und du: Felix Helvetia
Essen (taz) – Energiesparen am und im Haus ist auch in bundesdeutschen Landen als Thema erkannt worden. Während sich aber bei uns die Experten auf so manchem Kongreß die Köpfe heißreden um k-Werte oder um die Dicke der Außendämmung, setzt die Schweiz auf ein anscheinend probateres Mittel: die Energiekennzahl. Die Energiekennzahl, die Auskunft über den jährlichen Verbrauch an elektrischer und Heizenergie für die beheizte Geschoßfläche gibt, bringt der Züricher Ingenieur Kurt Meier so auf den Punkt: „So kann der Energieverbrauch verschiedener Gebäudetypen einfach und rasch verglichen und jedes Jahr fortgeschrieben werden.“
Eine nicht zu unterschätzende Wirkung dieser jährlichen Verbrauchserhebung, so der Präsident des Schweizerischen Ingenieur- und Architekten-Verbandes (SIA), liege im psychologischen Bereich: „Wenn die Energiebeauftragen ihre Energiekennzahlen regelmäßig mit den Durchschnittswerten ähnlicher Bauten vergleichen können, wirkt das ausgesprochen motivationsfördernd.“ Gerade die Versicherungen und Banken in der Alpenrepublik, mit ihrem nicht unbeträchtlichen Gebäudebestand, konnten so ihre Energierechnungen senken: „Diese Branchen wissen bekanntlich, wie man zu Geld kommt.“
Während die erste gesamtschweizerische Energiekennzahl-Untersuchung aus dem Jahr 1976 bei Einfamilienhäusern einen durchschnittlichen Energieverbrauch von etwa 800 MegaJoule pro Quadratmeter und Jahr ergab (das entspricht etwa 20 Litern Heizöl), lag die Energiekennzahl der 1993 genehmigten Häuser nur noch bei etwa 40 Prozent davon. Die sogenannten Niedrigenergiehäuser schnitten mit einem jährlichen Energieverbrauch von unter 200 MegaJoule pro Quadratmeter am besten ab. „Für mich zeigt diese Entwicklung, daß man mit gezielter Aufklärung und Ausbildung der im Baubereich verantwortlichen Akteure mehr erreichen kann als mit gesetzlichen Auflagen, denn wer will deren Einhaltung kontrollieren“, so Kurt Meier.
Felix Helvetia – gückliche Schweiz, denn hierzulande ist man noch meilenweit von der Einführung der Energiekennzahl entfernt. Ausnahmen sind allenfalls einzelne Stadtwerke wie die in Saarbrücken, wo seit zwei Jahren mit einem Computerprogramm der Energieverbrauch einzelner Häuser ermittelt wird. Auch in der Novellierung der Wärmeschutzverordnung, die zum 1. Januar nächsten Jahres in Kraft tritt, hat der Gesetzgeber die Energiekennzahl großzügig übergangen. Für den Schweizer Kurt Meier sind das „vertane Chancen“, denn ungefähr 37 Prozent der gesamten Endenergie in der Bundesrepublik werden für die Erzeugung von Heizenergie aufgewandt. „Was nützt mir ein Wissen um technisch-wirtschaftliches Energieeinsparpotential im Neubau von über 50 Prozent, wenn ich das ungenutzt lasse“, so Meier kopfschüttelnd. Ralf Köpke
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