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■ Mit der Deutschen Bahn nach NirgendwoMogelpackung für Berliner

Berlin (taz) –Wir lieben sie – unsere Bahn. Kaum wurde sie Anfang des Jahres in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, schon gibt es seit dem 14. Februar das erste Bonbon. Für schlappe 49 Mark kann man von A nach B fahren, wobei es überhaupt keine Rolle spielt, wo denn nun A und wo B ist. Vorausgesetzt, der Zielort ist nach Fahrplan zwischen 19 Uhr abends und zwei Uhr nachts zu erreichen. Nicht zu träumen gewagte Reisemöglichkeiten zum Spartarif tun sich da auf. Die Landschaft zwischen Hamburg und Nürnberg beispielsweise fetzt einem im Hochgeschwindigkeits-ICE in nur vier Stunden und 21 Minuten mit einer Ersparnis von immerhin 125 Mark um die Ohren.

Als ein Berliner Student das vernahm, freute er sich wie ein Schneekönig: Nun ist also Schluß mit den Mitfahrzentralen, den geldgierigen Fahrern, faden Mitfahrern und den Staus auf den Autobahnen! Fortan sollte es auf der dreieinhalbstündigen Fahrt nach Kassel nur noch fleißiges Studieren, unterbrochen lediglich von der charmanten Bedienung des „ICE-Teams“ geben.

Der schöne Traum zerplatzte jäh. Zwei Tage vor der ersehnten Reise teilt die Zugauskunft mit, daß ab 19 Uhr die superrasanten Space-Züge Berlin gar nicht mehr verlassen. Der letzte rollt um 17 Uhr 15 los – zu früh für den Sparpreis. Gut, dann wird auf den mintgrünen Flitzer, wenn auch schweren Herzens, verzichtet. Trotzdem soll gespart werden, in den alten Zuckelkisten der D-Züge mit ausklappbaren Bänken kann man sich zumindest noch dem nostalgischen Gefühl des Reisens hingeben, wenn auch mit Umsteigen und fast doppelt so langer Fahrtdauer. Aber auch hier eine eindeutige Absage des netten Bahnbeamten am Auskunftstelefon. Zwar könne man um 20 Uhr 15 nach Hannover fahren und dort mitten in der Nacht eine Stunde lang auf den Anschlußzug nach Kassel warten, aber da der auch erst um 3 Uhr 12 in Kassel ankommt, müsse für die Zeit zwischen zwei Uhr und Ankunft ein zusätzliches Ticket erstanden werden. Daß der Spartarif nicht ausnutzbar ist, um nach Kassel zu kommen, bedeutet gleichzeitig, daß der gesamte süddeutsche Raum von dieser Regelung ausgeschlossen ist. Der Telefonbeamte bestätigt, daß es eigentlich nur eine größere Stadt – Bremen – gibt, die von Berlin aus für 49 Mark zu erreichen ist. Gespart werden können dabei 19 Mark im Vergleich zu der einfachen Fahrt. „Für Berlin ist dieses Angebot ein totaler Witz“, regt sich auch die Beamtenstimme auf. Er habe schon mehrere Kunden gehabt, die er enttäuschen und auf die BahnCard, mit der immerhin der Fahrpreis halbiert wird, verweisen mußte. Auch die „Kundenberatung der Deutschen Bahn“ kann dem erzürnten Studenten nicht weiterhelfen. Der Kundenberater, der nicht namentlich genannt werden will, nachdem er gemerkt hat, daß er mit einem tazler telefoniert, erklärt, daß „die Berliner mal wieder in den Hintern gekniffen worden sind“. Diese „ganze Sache“ sei noch nicht „richtig ausgekocht“, und er hoffe, daß sich zum nächsten Fahrplanwechsel im Frühjahr etwas ändern werde. Bis dahin solle man sich doch eine BahnCard kaufen – was für ein zynisches Angebot an einen, der nur ein einziges Mal die Wunder Bahn für 49 Mark auskosten wollte. Also doch wieder Mitfahrzentrale. Die hat natürlich einen Tag vor dem Reise-Wunsch- Tag nichts anzubieten und schon gar nichts mit Platz für mehrere Taschen. Also Schild mit „KS“ drauf gemalt und Daumen raus. Wenn Sie ihn sehen sollten, den Studenten mit dem großen Gepäck, und zufällig auf der Fahrt von Berlin nach Kassel mit dem Auto unterwegs sind – haben Sie Mitleid! Jörg Welke

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