■ Mit der Bahnreform auf du und du: Vier in einer
Die wundersame Verwandlung der Staats- und Behördenbahnen DB und DR in eine Deutsche Bahn AG (DB AG) ist eine hochkomplexe Operation: 130 Gesetze und zwei Grundgesetzartikel werden geändert, Benzin wird ab 1. Januar um 16, Diesel um 7 Pfennige teurer, fast 400.000 Menschen erhalten neue Arbeitsverhältnisse, 150 Milliarden Schulden wandern in neue Töpfe. Die Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr ändern sich grundlegend. Die Bahn AG verliert ihr Monopol, muß private Konkurrenz auf die Schiene lassen. Auf EG-Ebene beschlossene und verbindliche Richtlinien werden auch deutsches Recht. Zudem ist der öffentliche Nahverkehr ab 1996 allein Sache von Ländern und Kommunen. Schließlich wurde am 2. Dezember auch ein Deal zwischen Bundesregierung, Bundesbahn und Länderministern Grundlage eines völlig neuen Systems der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs vereinbart. Unter der Flagge der Bahnreform segeln also vier große, miteinander verwobene Reformpakete.
Wegmarken zur Orientierung:
Bahnreform: Die neue Deutsche Bahn AG bleibt vorläufig Staatsunternehmen. Sie wird entschuldet, um die Pensionsverpflichtungen und BeamtInnen erleichtert und mit Kapital für Fahrweginvestitionen ausgestattet. Neun eigenverantwortliche Geschäftsbereiche der DB AG kümmern sich u.a. um Fahrweg, Personenfern-, Personennah- und um den Güterverkehr.
Deregulierung: Die neuen Freiheiten auf der Schiene werden sich erst schrittweise bemerkbar machen. Völlig unklar ist bislang, wer wie die Preise für die Benutzung der Trassen festlegt.
Nahverkehrsreform: Ab 1996 sind Bundesländer, Landkreise und Kommunen für den öffentlichen Nahverkehr und für den Schienennahverkehr allein zuständig. Neuer Grundsatz: Wer Nahverkehrsleistung vor Ort bestellt, muß sie auch bezahlen.
ÖPNV-Finanzreform: Da der Bund die Zustimmung der Länder für die Reform brauchte, konnten diese ihre Finanzwünsche weitgehend durchsetzen. Sie erhalten zukünftig einen ÖPNV- gebundenen Anteil an der Mineralölsteuer. Florian Marten
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