■ Mit dem Pleitegeier auf Du und Du: Skoda-Plsen vor Pleite
Berlin (taz) — Wenn die Vorständler des Industriegiganten Skoda-Plzen an ihr Geschäft denken, können sie nur noch an höherer Stelle um Hilfe bitten. Der größte tschechoslowakische Mischkonzern steht nämlich vor der Pleite. Seit Anfang Oktober mußte die Geschäftsleitung einen erheblichen Teil der Produktion einstellen und Entlassungen von vorerst 2.200 ArbeitnehmerInnen ankündigen. Fehlende Großaufträge aus dem ehemahligen Comecon-Raum, ein Schuldenberg von über 4,4 Milliarden Kronen (250 Mio. DM) sowie Zahlungsrückstände wichtiger Kunden haben das 28.000 MitarbeiterInnen starke Industriekonglomerat in den Ruin getrieben.
Nachdem die Stoßgebete aus dem westböhmischen Plzen in der Prager Burg weitgehend auf taube Ohren gestoßen sind, warf der Skoda-Vorstand nun das Handtuch: Die Managerriege legten geschlossen ihre Ämter nieder.
Damit kam der Vorstand der tschechischen Regierung zuvor, die der Geschäftleitung personelle Konsequenzen angedroht hatte, falls diese nicht endlich einen Umstrukturierungsplan für den Staatskonzern vorlegen würden. Während die Konzernleitung auf weitere staatliche Sanierungshilfen pochte, warf Ministerpräsident Klaus den Vorständlern schwere Manangementfehler vor. Doch nicht nur über die Umstrukturierung herrscht Uneinigkeit: Der aus einer ganzen Latte von Produktionsbereichen bestehenden Skoda-Konzern gilt gleichzeitig als Prüfstein für die Privatisierung und das geplante Bankrottgesetz.
Bereits im vergangenen Jahr wurden die Ausverkaufspläne heftig kritisiert, nachdem Volkswagen sich die Skoda-Autoproduktion gesichert und der Elektroriese Siemens die ebenfalls lukrativen Energie- und Verkehrstechnik-Sparten geangelt hatte. Während Skoda etwa im Lokomotivbau auf Weltmarktniveau arbeitet und im Energiesektor eine komplette Produktpalette bis zum Atomkraftwerk anbieten kann, hängen die anderen Sparten am Subventionstropf. Der völlig veraltete Hütten-, Stahl- und Gießereibereich fährt Millionenverluste ein; nicht viel besser ist es um den Maschinenbau und die Elektrotechnik bestellt. Nach dem geplanten Bankrottgesetz müßten diese Bereiche in die Liquidation geschickt werden — doch vor den unübersehbaren Folgen schreckt selbst die Regierung noch zurück. Trotz der schweren Krise will Siemens die Verhandlungen mit Skoda weiterführen - doch die Sanierungskosten sind längst noch nicht geklärt. Erwin Single
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