■ Mit dem Blaumachen auf du, du, du: Eintagsbummler haben weiter frei
„Wir müssen uns ja nicht als Spitzel aufspielen!“ Wilfried Mysegaes, der Sprecher der Bremer AOK, gibt den BlaumacherInnen grünes Licht: Wo käme man da hin, wenn man künftig auch noch den „Eintagsbummlern“ hinterherspüren würde. Auch schnellkrankschreibende Ärztinnen und Ärzte würden nicht von der AOK kontrolliert. „Es gibt keinen Anlaß – unser Krankenstand ist seit Januar unverändert“, sagt Wilfried Mysegaes.
Das kommt einer langen Nase in Richtung Bonn gleich, denn seit Beginn diesen Jahres dürfen, ja sollen – in Verbindung mit dem neuen Pflegeversicherungsgesetz – Kassen und Chefs die von Kurzkrankheiten Befallenen überprüfen. Arbeitgeber sollen „Verdächtiges“ den Kassen melden, die Kassen sollen „Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit“ beseitigen helfen. „Zweifelsfälle“ im Namen des Gesetzes sind: auffallend häufiges Krankwerden, auffallend häufiges kurzzeitiges Krankwerden, häufiges Montags- und Freitags-Krankwerden sowie die Ausschüttung von gelben Scheinen ärztlicherseits.
„Bagatellen“ – kommentiert Eckard Haase, stellvertretender Geschäftsführer der DAK in Niedersachsen. „Nehmen wir einmal an, es gebe einen wirklich begründeten Verdacht: Kollege xy ist ,mit Ischias' in der Disco herumspringend beobachtet worden – bis wir den dann an den Medizinischen zur Untersuchung der Arbeitsunfähigkeit weitergeleitet haben, ist der doch schon längst wieder offiziell arbeitsfähig.“ Den Krankenkassen täten ja die Blaumacher sowieso finanziell nicht weh.
Wohl aber den ArbeitgeberInnen. Diese sind durch das „Entgeltfortzahlungsgesetz“ vom 1.6.94 verpflichtet, im Krankheitsfalle weiter zu entlöhnen. Vorausgesetzt, man meldet sich ab. Also: pünktlich anrufen – die Uhrzeit ist im Arbeitsvertrag festgelegt. Deshalb immer das Kleingedruckte lesen, ehe die Feuerzangenbowle getrunken wird. Und falls das Blaue länger als drei Tage anhalten sollte, wollen die Chefs qua Gesetz spätestens am 4. Tage „Gelb“ sehen. sip
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