■ Mit dem Aktienboom auf du und du: Übertriebene Euphorie
Berlin (taz) – Während der US-Dollar an den Weltbörsen immer tiefer spekuliert wird, erlebt die Aktienbörse in New York einen Boom. Der Dow- Jones-Index (DJ) für 30 Industrieaktien übersprang am Donnerstag erstmals in seiner 111jährigen Geschichte die psychologisch wichtige „magische Hürde“ von 4.000 Punkten. Seit Jahresbeginn hat der DJ damit um 4,4 Prozent zugelegt.
Vor 13 Monaten bereits hatten die Börsianer begeistert auf die 4.000-Punkte-Hürde gestarrt. Doch als die US-Notenbank „Federal Reserve“ (Fed) im Februar 1994 mit Zinserhöhungen begann, gaben an den Börsen 60 Prozent aller Aktienkurse nach. Denn hohe Zinsen verführen die Masse der Spekulanten zur Anlage in Geld. Zusätzlich verschlechtern sich die Gewinnaussichten von Industrieunternehmen, wenn sie für ihre Kredite höhere Zinsen zahlen müssen, was ebenfalls die Aktienkurse drückt. So war es denn auch die Ankündigung von Fed-Chef Allan Greenspan, daß die Notenbank möglicherweise zu Zinssenkungen bereit sei, die den US- Aktien über die „magische Hürde“ half.
Hinzu kommt, daß der DJ nur die Aktien von 30 US-Großkonzernen enthält – wie General Motors, IBM, Coca-Cola, Walt Disney und McDonald's –, die als besonders solide Unternehmen gelten. Und weil nach der mexikanischen Peso-Krise, die den Dollar zum Absturz brachte, Sicherheit unter US-Investoren höchste Wertschätzung genießt, profitierten jetzt vor allem die DJ-Aktien. Allerdings ist die Dividende mit unter drei Prozent extrem niedrig. Deshalb warnen viele Wall- Street-Fachleute vor „übertriebener Euphorie“.
Die Donnerstag-Begeisterung der Wall-Street schwappte denn auch weder über den Atlantik noch den Pazifik. In Japan wollen immer weniger Investoren ihr Geld in Aktien stecken, seit der Yen gegenüber dem Dollar immer höher steigt und der japanischen Industrie das Exportieren erschwert: Der Nikkei-Index rutschte gestern gleich um zwei Prozent auf 17.472,94 Punkte. Auch in Frankfurt sprachen Händler angesichts des neuerlichen Höhenflugs der D-Mark gegenüber dem Dollar und den südeuropäischen Währungen von schlechter Stimmung. Die ließ den Deutschen Aktienindex (Dax) bei 2.118,64 Punkten vor sich hin dümpeln. Donata Riedel
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