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■ Mit Verkehrsleitsystemen auf du und duComputer an Bord

Berlin (taz) – Viele Autos führen zum Stau. Diese Erfahrung, die viele Möchtegernurlauber am Wochenende wieder machen mußten, soll künftigen Generationen erspart bleiben – und zwar ohne daß irgend jemand auf seine geliebte Blechkiste verzichten muß. So jedenfalls schwebt es den Herren EU- Verkehrsministern vor, die sich auf Einladung der Bundesregierung am letzten Wochenende ganz informell in Ludwigsburg trafen. Telematiksystem heißt das Zauberwort.

Die großen deutschen Autohersteller sind schon eifrig dabei, Verkehrsleitsysteme zu entwickeln. Im staugeplagten Norden von München will BMW zusammen mit MAN und Siemens den Autostehern durch ein 33 Millionen Mark teures Projekt Erleichterung verschaffen. Die Polizei, Taxiunternehmen, der ADAC, die Bahn und noch einige andere Institutionen liefern regelmäßig ihre Daten, die über private Computer oder öffentliche Bildschirme abgefragt werden können. Wer schon vor der Abfahrt einen Parkplatz in der Innenstadt gebucht hat, kann ganz relaxed dem Ende seiner Fahrt entgegensehen.

Ein spezielles Radioprogramm liefert permanent die Informationen, die die Fahrer für die vorher einprogrammierten Strecken brauchen, um möglichst schnell an den anderen Verkehrsteilnehmern vorbei zum Ziel zu kommen. Wer noch nicht angeschlossen ist, kann sich an Informationspfosten am Straßenrand schlau machen.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) lobte Verkehrsminister Matthias Wissmann für seinen Weitblick, in Leitsystemen und nicht etwa in Einschränkungen für Autofahrer eine „zukunftsweisende Schlüsselrolle“ für die Lösung der Verkehrsprobleme entdeckt zu haben. Und auch Siemens und Konsorten können hoffnungsfroh sein: Der VDA schätzt das Marktvolumen für solchen Elektronik-Schnickschnack auf 200 Milliarden Mark bis zum Jahr 2010. Bis dahin könnten die 157 Millionen europäischen Fahrzeuge mit elektronischen Landkarten ausgerüstet sein, frohlocken die Technikfreaks.

Deutschlands Verkehrsminister glaubt, trotz ständig wachsender Zahl der motorisierten Blechbüchsen auf diese Weise die Emissionen aus den Auspuffrohren um 20 Prozent senken zu können – allein durch Staus und Parkplatzsuche muß die Umwelt die Abgase von 2,4 Milliarden Liter Benzin oder Diesel verkraften.

Was aber wird der Computer bei den Guinness-Rekord-Staus zu Ferienbeginn raten? Wohl kaum: zu Hause bleiben. aje

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