■ Mit Rabatten auf du und du: Kein Kaufhaus-Basar
Berlin (taz) – Mit der vom Kabinett beschlossenen Abschaffung des Rabattgesetzes könne der Handel flexibler agieren, was wiederum zu mehr Leistung führen soll. Meint jedenfalls Wirtschaftsminister Rexrodt. Ein Einzelhändler könne durch Rabatte zum Beispiel besser neue Kunden gewinnen. Wenn einer da nicht mit finanzstarken Großkonzernen konkurrieren kann – Pech, so ist die Marktwirtschaft, erklärt seine Sprecherin kühl.
Die Befürchtung, daß es zu einer noch stärkeren Konzentration im Handel kommen würde, ist der Hauptgrund, warum die Einzelhandelsverbände so lange gegen die Abschaffung des Rabattgesetzes gekämpft haben. Ein Kaufhauskonzern könne sich größere Nachlässe eher leisten, der Händler an der Ecke könne da nicht mithalten.
In der Tat war das Rabattgesetz 1933 genau aus diesem Grund verabschiedet worden. Zuvor war es zu einem wahren Rabatt-Wettlauf zwischen den Geschäften gekommen, bis fast ein Drittel des Gesamtumsatzes davon betroffen war. Viele kleine Betriebe waren akut bedroht. Aber auch die Kunden sollten geschützt werden: Durch die Beschränkung von Rabatten auf drei Prozent sollte die Preisgestaltung klarer werden. Würden Händler größere Rabatte gewähren, müßten sie, um Verluste auszugleichen die Normalpreise entsprechend höher ansetzen. So kämen letztlich „Mondpreise“ zustande, wie der Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Tessar, das nennt.
Der Schutz der Verbraucher ist das zweite Argument der Handelsverbände für den Erhalt des Rabattgesetzes. Ohne dies wäre ein Preisvergleich immer mühseliger. „Völliger Quatsch“, entgegnet der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV), Manfred Dimper. Schließlich gebe es schon jetzt unterschiedlichste Preise, die Läden werben ja gerade damit. Die AgV begrüßt denn auch die Abschaffung des Rabattgesetzes, weil nun auch die Schüchternen beim Aushandeln von Preisvergünstigungen ihre Chance bekämen.
Daß man künftig generell günstiger einkaufen könne, glaubt hingegen keiner. Die Gewinnspannen im Einzelhandel seien mit weit unter einem Prozent so gering, daß kein Händler mehr viel Spielraum habe, mit den ohnehin schon so knapp kalkulierten Preisen weiter nach unten zu gehen, erläutert Tessar.
Bei Karstadt erklärt man, daß es zu Basar-Verhältnissen nicht kommen wird: „Bei uns wird nicht gehandelt – dafür bekommen Sie reelle Preise“. Ob sich ohne ein Rabattgesetz viel ändern wird, kann man bezweifeln. In Österreich wurde erst kürzlich ein entsprechendes Gesetz abgeschafft – ohne daß es zu einem Rabattwettlauf gekommen wäre. Den könnten sich die Händler schlicht nicht leisten, nicht mal die Großen. Nicola Liebert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen