■ Mit Produktsicherheit auf du und du: Bonn im Verzug
Berlin (taz) – Die EU-Kommission hat die Warterei auf Deutschland satt. Weil die Produktsicherheitsrichtlinie der Gemeinschaft noch immer nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist, obwohl der 29. Juni 1994 Stichtag dafür war, hat sie ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Offenbar bekommt die Bundesregierung jetzt kalte Füße: Nachdem Kanzler Helmut Kohl die Abstimmung über den Entwurf des Wirtschaftsministeriums Anfang letzten Jahres kurzerhand mit der Begründung von der Tagesordnung gestrichen hatte, die EU-Vereinbarung widerspreche dem Subsidiaritätsprinzip, kündigten seine Mitarbeiter im November eine „unverzügliche“ Bearbeitung an.
Die von den Verbraucherverbänden seit Jahren geforderte EU-Richtlinie gilt für alle Konsumartikel, die in der Gemeinschaft hergestellt oder vertrieben werden. „Bisher liegt eine Rückrufaktion im Ermessen des Herstellers“, sagt Hans- Jürgen Billigmann von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände. Er könne sich also ausrechnen, was für ihn günstiger sei: seine Produkte wieder einzusammeln oder Prozesse zu riskieren, wenn irgend jemand zu Schaden käme. Die EU-Richtlinie zwinge ihn hingegen zum Handeln.
Billigmann moniert außerdem, daß einige Konsumartikel wie zum Beispiel Möbel bisher weder von den Gewerbeaufsichtsämtern noch von der Lebensmittelüberwachung kontrolliert würden. Und auch das Informationssystem bei einem Markt ohne Grenzen müsse – wie von der EU beabsichtigt – zentralisiert werden. aje
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