■ Mit Polens Privatisierung auf du und du: Polen privatisiert
Warschau (taz) – Polens Parlament, der Sejm, hat nach zweijähriger Auseinandersetzung mit relativ deutlicher Mehrheit das Privatisierungsgesetz des Landes verabschiedet und damit auch den Zerfall der Regierungskoalition fürs erste verhindert. Für den Fall einer Ablehnung hatten die Liberalen angekündigt, die Regierung zu verlassen. 600 mittlere und große Unternehmen sollen mit dem Programm privatisiert werden. Das Privatisierungsgesetz war im ersten Anlauf am 18. März vom Parlament verworfen worden, worauf es die Regierung mit einigen Änderungen diese Woche erneut eingebracht hatte. Auch die Bauernverständigung, die vor drei Tagen die Koalition verließ, erwägt inzwischen einen Wiedereintritt in die Regierung, vorausgesetzt, diese stimmt einem besseren Schutz polnischer Bauern zu.
Mit der Abstimmung vom Freitag hat das Privatisierungsgesetz allerdings erst die erste Hürde genommen. Nun müssen ihm noch Senat und Präsident zustimmen. Das Gesetz sieht vor, daß Aktien der staatlichen Unternehmen an 20 Investmentfonds verteilt werden, deren Anteile wiederum von der Bevölkerung gekauft werden. Dabei werden die bisher bei Lohnerhöhungen benachteiligten Staatsangestellten sowie Rentner und Pensionäre bevorzugt – sie erhalten Anteilscheine für die ersten 200 Unternehmen umsonst. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen die Anteilscheine an den Investmentgesellschaften auch in Aktien der Staatsbetriebe selbst eingetauscht werden können. Die Regierung erhofft sich von dem Programm eine Beschleunigung der Privatisierung. Gegner des Projekts befürchten, daß es zu einer Konzentration des Besitzes in der Hand weniger Großkapitalisten bzw. ausländischer Konzerne führen könnte – die würden sich bemühen, die Anteilsscheine durch Kursmanipulationen billig aufzukaufen. Zur Beruhigung der Kritiker sieht das Gesetz vor, daß in den Aufsichtsräten der Fonds maximal ein Drittel Ausländer sitzen dürfen. Klaus Bachmann
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