■ Mit Nordkorea auf du und du: Überlegene Planwirtschaft?
Pjöngjang (dpa) – „Die sozialistische Planwirtschaft ist der Marktwirtschaft überlegen, davon bin ich überzeugt“, meint Han In Ho, Chefökonom im Nationalen Wirtschaftsinstitut in Pjöngjang. Doch der künftige Staatschef Kim Jong Il wird sich etwas einfallen lassen müssen, um die marode Wirtschaft zu sanieren. Erstmals hatte Anfang des Jahres der verstorbene Präsident Kim Il Sung gravierende Probleme in der Wirtschaft eingestanden.
Mangelwirtschaft ist überall sichtbar. Waren sind knapp, die Mechanisierung der Landwirtschaft und Industrie ist niedrig. Symbol der Hauptstadt Pjöngjang ist seit Jahren eine graue Betonruine – das 105stöckige Ryukyong-Hotel, das bereits vor zwei Jahren zum 80. Geburtstag des Staatschefs fertig sein sollte. Für den Weiterbau fehlt offenbar das Geld. Anderen Angaben nach soll sich das Fundament absenken und nur ein Abriß helfen. Doch über Ineffizienz und Fehlplanung spricht in Nordkorea niemand.
Daten über die Wirtschaftslage werden in Pjöngjang nicht veröffentlicht. Nach südkoreanischen Angaben soll das Bruttosozialprodukt 1993 um gut vier Prozent geschrumpft sein und die Auslandsverschuldung des Regimes bei zehn Milliarden Dollar liegen. „Der Zusammenbruch der sozialistischen Staaten hat unsere Planwirtschaft beeinflußt“, räumt der nordkoreanische Ökonom Han ein.
Eine wirtschaftliche Liberalisierung wie in China kann sich Han nicht vorstellen. Denn eine solche Öffnung bedeutet Kontakte mit Ausländern und Einfluß durch das Ausland. Kim Jong Il, ohnehin zu Beginn seines Machtantritts nicht fest im Sattel, wird sich kaum auf Experimente einlassen.
Seit einigen Jahren stagniert der Warenaustausch Nordkoreas mit dem Ausland. 1993 erreichte das Handelsvolumen eine Summe von 2,6 Milliarden Dollar, wobei Japan und China die wichtigsten Partner sind. Dabei verlangt inzwischen auch China harte Devisen für seine Produkte, vor allem für sein Erdöl. Mit einem Gesetz über die Bildung von Joint-ventures möchte Nordkorea deshalb ausländisches Kapital ins Land locken. So soll in der Nähe des Tumen-Flusses, an der Grenze zu China und Rußland, eine riesige Freihandelszone entstehen. In der Hafen- und Industriestadt Nampo an der Westküste möchte Pjöngjang mit ausschließlich südkoreanischen Unternehmen unter anderem Textilien fertigen.
Die Bekleidungsfabrik Sunkyo in Pjöngjang produziert bereits seit längerem nur für den Export. Rund 2.000 Beschäftigte nähen hier im Zwei- Schicht-Betrieb Mikrofaser- Jacken unter anderem für Abnehmer in Deutschland. „Die Qualität der Produkte ist viel besser als in China oder Indonesien“, freut sich ein Geschäftsmann. Für eine fertige Jacke, die in deutschen Geschäften über 100 Mark kostet, erhält Nordkorea ganze 3,50 Mark. Billige Arbeitskräfte für wenige Devisen und dicken Profit, das scheint das einzige zu sein, was die Planwirtschaft Nordkoreas dem Ausland bieten kann.
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