■ Mit Braunkohle auf du und du: Opfer für Aschenputtel
Berlin (taz) – Dresden setzt schon lange auf Gas, die BASF Schwarzheide deckt damit ihren Energiebedarf, immer mehr Ostkommunen zapfen die Leitungen an. Nun will auch noch Potsdam sein neues Kraftwerk lieber mit dem umweltfreundlicheren und billigeren Erdas betreiben und auf die heimische Braunkohle verzichten. Die Soldarität mit dem DDR-Energieträger Nr. 1 und den noch rund 40.000 Kohlekumpel im Osten kennt eben Grenzen.
Noch sind die politischen Konsequenzen aus der Entscheidung nicht absehbar, da bemühen sich SPD und ihr Brandenburger Frontmann Manfred Stolpe um eine Schadensbegrenzung: „Der Kampf um die Kohle muß mit vollem Einsatz weitergehen“, verlangt der Landesvater. Er hält der antinationalen Erdgas-Fraktion vor, in eine „grün-schwarze Falle“ zu laufen und schiebt gleich noch einen weiteren Erpressungsversuch nach: Berlin müsse, wenn es sich mit Brandenburg vereinigen wolle, sich deutlich zur Braunkohle bekennen. Sein parteiloser Umweltminister Matthias Platzeck sieht das ganz anders: „Es würde dem Land schaden, eine rückständige Technologie zu fördern.“
Nun ist aber nicht Platzeck der Chef der Landesregierung, sondern Stolpe, und der muß an die nächsten Wahlen denken. Also werden die Braunkohlereviere mit dem Höchstsatz aufgepeppelt: So schießt das Land bis zu 23 Prozent der Investitionskosten zu, bei wirtschaftsnahen Infrastrukturmaßnahmen sind es gar 90 Prozent. Rückendeckung kommt auch von der IG Bergbau. Sie verlangt, daß der im Stromstreit ausgehandelte Kompromiß eingehalten wird. Danach soll 70 Prozent des Stroms aus dem Veag-Verbundnetz kommen; der Rest darf von den Stadtwerken geliefert werden. Damit sollte die Zukunft der Braunkohle gesichert werden. Aber wie sagte neulich Oskar, der bei den Genossen am besten über Wirtschaft Bescheid weiß? „Was wirtschaftlich falsch ist, muß politisch nicht richtig sein.“ Erwin Single
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