Ministerin über Hochschulpakt: "Bildung hat höchste Priorität"
Hessen streicht 30 Millionen Euro bei den Hochschulen. Das sei gut im Vergleich zu dem, was in anderen Ländern drohen könnte, sagt die CDU-Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann.
taz: Frau Kühne-Hörmann, begegnen Ihnen andere Wissenschaftsminister derzeit mit Mitleid, oder haben sie Angst, ebenfalls kürzen zu müssen?
Eva Kühne-Hörmann: Wenn sie einen Hochschulpakt wie in Hessen schließen könnten, wären manche Kollegen womöglich froh.
Eigentlich wollten Bund und Länder mal mehr Geld in Bildung investieren. Ist die Bildungsrepublik zwei Wochen vor dem nächsten Bildungsgipfel gescheitert?
48 Jahre, ist seit einem Jahr Ministerin für Wissenschaft in Hessen. Zuvor saß die Juristin für die CDU im Landtag.
Die Senkung unseres Hochschuletats um 30 Millionen, um die es geht, ergibt sich aus dem Vollzug des ebenfalls von allen unterschriebenen alten hessischen Hochschulpakts. Dieser besagt, dass es bei fallenden Steuereinnahmen Abstriche am Hochschulbudget gibt.
Aber das Signal lautet: Ab jetzt beginnt das Sparen.
Die Hochschulen mussten damit rechnen. Und wir garantieren mit dem neuen Pakt fünf Jahre Planungssicherheit, das heißt eine Grundfinanzierung von 1,4 Milliarden Euro, die zweithöchste in der Geschichte Hessens. Die Hochschulen sind glücklich, diese Sicherheit zu haben. Alle anderen Programme laufen unverändert weiter, etwa für Forschungsförderung und zusätzliche Studienplätze.
Sie nehmen das Geld vom Bund und kürzen im Landesetat.
Nein, das ist hessisches Geld.
Der Hochschulpakt 2020 für Studienplätze wird zur Hälfte vom Bund finanziert.
Von den 300 Millionen Euro zahlt Hessen die Hälfte, die anderen Programme werden komplett von uns gezahlt.
Eigentlich müsste Hessen aber zusätzliches Geld investieren, weil sich jedes Jahr mehr Erstsemester an den Hochschulen einschreiben, oder?
Das tun wir ja mit dem Hochschulpakt 2020 gemeinsam mit dem Bund. Interessant ist auch, dass heute für die gleiche Zahl von Studierenden ca. 2.000 Mitarbeiter mehr zuständig sind als vor 5 Jahren. Das zeigt, dass Bildung höchste Priorität hat.
Wieso haben Studierende, WissenschaftlerInnen und RektorInnen dann protestiert?
Sie sind es gewohnt gewesen, nur Erhöhungen zu bekommen. Und jetzt müssen sie das erste Mal umstrukturieren.
Sind Hochschulen in Hessen also nicht wie überall sonst unter-, sondern überfinanziert?
Sie sind in der Lage, ihre Standards zu halten. Die Hochschulen haben zum Beispiel auch freie Rücklagen von 212 Millionen Euro. Die können sie nutzen, um Kürzungen abzufedern.
Auf dem Bologna-Gipfel von Annette Schavan haben die Politiker Anfang vergangener Woche gelobt, die Betreuung der Studierenden deutlich zu verbessern. Sie scheren aus?
Wir investieren in bessere Betreuung. Über 90 Millionen Euro geben wir pro Jahr allein zur Verbesserung der Lehre aus.
Die Kompensation für die abgeschafften Studiengebühren.
Die Hochschulen können mit diesem Geld eigenverantwortlich umgehen und entscheiden, wie sie die Betreuung verbessern.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat berechnet, dass 30 Millionen Euro rund 600 Wissenschaftlerstellen entsprechen. Die fehlen doch dann?
Das ist zu platt. Die Hochschulen müssen ein Mischsystem finden, wie sie das Geld erbringen. Das, was Studierende brauchen, wird finanziert, Fächer, in denen es kaum Studierende gibt, werden schwer zu halten sein.
Welche Fächer sind das?
Es gibt Fächer, die sind überlaufen, in anderen, etwa in den Naturwissenschaften, können Studienplätze kaum besetzt werden.
Die Hochschulen sollen ausgerechnet in den Naturwissenschaften kürzen, einem Zukunftsfeld?
Nein, da haben Sie mich völlig falsch verstanden. Wir werben gerade in naturwissenschaftlichen Fächern um Nachwuchs. Wo aber Fächer kaum nachgefragt werden, sind Zusammenschlüsse sinnvoll, wie es sie in Hessen mit der Zentrenbildung in den sogenannten Orchideenfächern gegeben hat.
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