: Millionen trauern auf den Philippinen
■ Trauerzug für ermordeten Gewerkschaftschef Olalia / Größte Kundgebung seit Präsidentenwechsel / Satur Ocambo, Chefunterhändler der Guerilla, hielt Ansprache / Gewerkschafter und linke Politiker verteilten Flugblätter und sammelten Geld für den Untergrund
Manila (afp) - Linke Guerillaführer und mehrere Vertreter der philippinischen Regierung marschierten am Donnerstag in Manila in einem Trauerzug für den ermordeten Gewerkschaftsführer Rolando Olalia und dessen Fahrer mit, der sich zu der größten Massenversammlung seit der Regierungsübernahme durch Präsidentin Corazon Aquino auswuchs. Die Schätzungen über die Teilnehmerzahlen schwankten von 100.000 bis eine Million. Das Präsidentenpalais, in dessen Nähe die Bestattung der beiden Ermordeten vorgesehen war, wurde von Einheiten der Armee und der Polizei abgeschirmt, die in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden waren. Satur Ocampo, der Chefunterhändler für die Guerilla bei den Verhandlungen mit der Regierung über eine Einstellung des Krieges, hielt während des Trauerzuges auf einem großen Platz eine öffentliche Ansprache, ein Novum für das Land. Er sagte, die Kommunisten seien zu Friedensgesprächen bereit, gleiches gelte aber auch für den Kampf. Die NDF sei für einen Frieden, der sich auf Gerechtigkeit stütze. Sollten jedoch weitere Anschläge wie die Ermordung Olalias eintreten, werde sie nicht mehr der Ansicht sein, daß „ein auf Gerechtigkeit basierender Frieden erreicht werden kann“. Am selben Tag betonte Ocampo in einem Rundfunkinterview, die NDF sei gemäß ihres Vorschlags von Anfang des Monats zu einer Waffenruhe ab 10. Dezember bereit. Mitglieder der „Bewegung 1. Mai“ (KMU) des ermordeten Gewerkschafters und Linkspolitikers verteilten während des Trauermarschs durch Manila offen Flugblätter und sammelten Geld für die Untergrundkoalition „Nationale Demokratische Front“. Die Demonstranten skandierten militärfeindliche Parolen. Die Anhänger Olalias sehen als Auftraggeber für den Mord an dem Gewerkschaftsführer Verteidigungsminister Enrile an, der seinen Posten schon unter dem autokratischen Präsidenten Ferdinand Marcos innehatte und sich gegen Verhandlungen mit der kommunistischen Guerilla stark macht. Die Repräsentanten der Guerilla sowie die Vertreter von Regierung und diplomatischem Corps hatten zuvor in einer Kapelle am Stadtrand einer von 23 Priestern zelebrierten Totenmesse beigewohnt. Antonio Zumel sowie Satur Ocampo und dessen Frau Carolina, die für die Untergrundbewegung Nationale Demokratische Front (FDN) die seit der Ermordung Olalias unterbrochenen Verhandlungen mit der Regierung führen, wurden von ihren Anwälten und einem Leibwächter begleitet. Präsidentin Corazon Aquino erklärte am selben Tag in einem Seminar feierlich, Anarchie und jeder Versuch, ihre Regierung zu unterminieren, würden zunichte gemacht. Sie versicherte, ihre Landsleute lehnten jeglichen Extremismus ab. Sie warnte, die Regierung könne keinen Plan zur Untergrabung der Regierungsgewalt und der Stabilität der philippinischen Gesellschaft dulden.
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