Mietvertrag zum 1., zum 2. …

Ein Berliner hat ein Online-Auktionshaus für Mietwohnungen gegründet. Nach den Gesetzen des Marktes kommen Feilscher mit „miet-biet“ nun vielleicht günstiger zum Dach überm Kopf

von JULIANE GRINGER

Eine Mischung aus Ikea und E-Bay sei „miet-biet“, erklärt Gründer Rudolf Plöger aus Berlin. Bei seinem Angebot handelt es sich allerdings nicht um gebrauchte Möbel, sondern um Mietwohnungen. Nach dem Vorbild des erfolgreichen Internetauktionshauses können Wohnungssuchende sich ihre Mietwohnungen seit April nun online ersteigern. Frei nach dem Motto: Den Preis bestimmt die Nachfrage.

„Vielen Leuten aus der Immobilienbranche erzählte ich von meiner Idee“, sagt der ehemalige Hausverwalter, „und keiner fand sie blöd.“ Die Miet-biet-Philosophie ist einfach: Vermieter profitieren vom Versteigern, weil sie so besser den Leerstand vermeiden können. „Bevor man eine Wohnung ein halbes bis ganzes Jahr leer stehen lässt, ist es doch logisch, dass man sie lieber günstiger vermietet.“ Davon wiederum profitieren Wohnungssuchende: durch günstige Mieten.

Kommt ein Mietvertrag zustande, gehen zwei Nettokaltmieten Provision an miet-biet. „Wenn man aber seine alte Wohnung, natürlich mit Einverständnis des Vermieters, selbst bei uns einstellt und einen Nachmieter findet, bekommt man für diese Wohnung eine Nettokaltmiete von uns ausgezahlt. Das erspart auch die doppelte Mietzahlung beim Umzug“, sagt Plöger. Hier komme Ikea ins Spiel: Günstiger machen durch selber machen. „Wer selbst Fotos und Exposé seiner Wohnung ins Netz stellt und dann vielleicht noch Besichtigungen organisiert, erspart uns Arbeit und bekommt das eben entsprechend vergütet.“

Eine Besichtigung vor dem ersten Gebot ist Pflicht. Niemand soll etwas „kaufen“, bevor er es nicht gesehen hat. „Man bietet hier ja auf ein Vertragsverhältnis, weswegen Transparenz sehr wichtig ist“, so Plöger. Der Mietvertrag wird demnach auch gleich als Teil des Angebots zum Download mit ins Netz gestellt. Zur Besichtigung eingeladen wird aber nur, wer einen Fragebogen ausgefüllt und Angaben gemacht hat zur Zahl der einziehenden Personen, dem Einkommen und anderer relevanter Daten. Zur Besichtigung eingeladen wird auch nur, wessen Profil auf das passt, das der Vermieter für die Wohnung vorgibt. Spart unnötigen Aufwand, wenn statt rauchendem Single nur die korrekte Kleinfamilie gesucht wird. Nach der Besichtigung wird die Wohnung zur Versteigerung bei miet-biet eingestellt. Etwa eine Woche darf dann um den Preis „gefeilscht“ werden.

„Mietwohnungen sind nicht versteigerungstauglich,“ meint hingegen Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins. Er findet das Miet-biet-Angebot zwar interessant, ist aber der Meinung, dass es im Fall einer Bleibe „nicht wie bei E-Bay um ein Buch oder ein Fahrrad geht, das man sich mal kauft, sondern um ein Dauerschuldverhältnis.“ Hier gehe es um mehr als nur den Preis. Vetter rät, Wohnungssuchende sollten bei einer Auktion besonders vorsichtig sein was den Vertragspartner, also den Vermieter und dessen Vertrauenswürdigkeit angeht. „Auf keinen Fall vorab Zahlungen leisten und sich genau über den Vermieter erkundigen“, rät er allen „miet-biet“ern. Heinz Wirries, Geschäftsführer der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW ist ebenfalls vorsichtig. „Grundsätzlich sehen wir uns Interessenten lieber selbst an. Das persönliche Gespräch zwischen Vermieter und Mietinteressent ist nicht zu ersetzen“, so Wirries. Für ihn habe eine Versteigerung das Image des „Verramschen“.

Dabei sind Dumpingmieten bei miet-biet kaum zu erwarten. „Versteigerungsobjekte erzielen bei E-Bay häufig fast genau den Preis, für den man sie auch im Geschäft kaufen kann. So ähnlich wird es hier auch sein“, prophezeit Miet-biet-Chef Plöger. Schnäppchen nicht ausgeschlossen. Insbesondere bei weniger begehrten Objekten. „Vorstellbar ist, dass mit diesem System Wohnungen, die beispielsweise auf Grund ihrer Lage und des sozialen Umfelds unattraktiv sind, für ein Spottgeld weggehen.“

Ohnehin differenzierten sich auf dem Berliner Wohnungsmarkt die Preise weiter aus – ob mit oder ohne miet-biet. „Die guten Wohnungen werden noch teurer, die schlechten noch billiger“, glaubt Plöger. Das Immobilien-Auktionshaus lege lediglich offen, welche Entwicklungen sich auf dem Wohnungsmarkt abspielen.

Und was passiert mit den Ladenhütern? Wird ein Vermieter seine Wohnung bei miet-biet nicht los, gibt es die Option der „ReverseAuction“. Dabei sinkt nach jeder Woche, in der niemand die Wohnung haben will, der Preis. „Eine Vermietung also zu exakt dem Preis, den der Markt hergibt“, meint Rudolf Plöger.

Bleibt nur eine Warnung: „Grundsätzlich ist miet-biet natürlich für alle geeignet, es gibt jedoch Charaktere, denen ich abraten würde mitzubieten“, so Plöger. Für Spielsüchtige sei es besser, einen guten Freund an die Maus zu lassen.